Mißmut
Als ich bei Sandow lange Zeit die Ufer der Elbe bewachen mußte.
1813.

[98] Vaterland, du riefst den Sänger,

Schwelgend in der Tage Glück.

Blutig hassend deine Dränger,

Hielt nicht Lied und Liebe länger

Seiner Seele Sturm zurück.

Und er brach mit wundem Herzen

Aus der Freunde schönen Reih'n,

Tauchte in der Trennung Schmerzen –

Und war dein.


Thränend hat er oft die Blicke

Zur Vergangenheit gesandt;

Auf des Lieds melod'scher Brücke

Stieg der Geist zum alten Glücke

In der Liebe goldnes Land.[98]

Ach! er schwärmte nur vergebens,

Denn der Stunden rohe Hast

Warf ihn in den Lärm des Lebens,

Sturmgefaßt.


Doch was soll er im Gedränge

Ohne Schlachten-Morgenrot?

Gib die friedlichen Gesänge

Oder gib des Krieges Strenge –

Gib mir Lieder oder Tod!

Laß mir der Begeist'rung Thränen,

Laß mir meine Liebesnacht –

Oder wirf mein freudig Sehnen

In die Schlacht!


Um mich donnern die Kanonen,

Ferne Cimbeln schmettern drein.

Deutschland wirft um seine Kronen –

Und hier soll ich ruhig wohnen

Und des Stromes Wächter sein?

Soll ich in der Prosa sterben?

Poesie, du Flammenquell,

Brich nur los mit leuchtendem Verderben,

Aber schnell!


Quelle:
Theodor Körner: Werke, Band 1, Leipzig und Wien 1893, S. 98-99.
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Leier und Schwert
Leier und Schwert, Zriny, Rosamunde, mit Einleitung;