10. Auftritt.

[16] Vorige. Paprutowitsch auch gerüstet und ein ungarischer Bauer.


PAPRUTOWITSCH.

Mein edler Herr, greift nach dem Schwert! es gilt!

Der Großherr ist durch Belgrad schon gezogen

Mit kriegerischer Pracht und Kaiserstolz.

Der Bauer hier bringt die gewisse Nachricht,

Er hat den Zug mit angesehen.

ZRINY.

So sprich!

BAUER.

Ich hatt' in Belgrad ein Geschäft und Handel,

Und als der Kauf geschlossen war, wollt' ich

Mit meinen Pferden frisch nach Hause traben;

Da hieß es in der Stadt, der Großherr komme

Mit gar verwunderlicher Pracht und Größe,

Einzug zu halten mit dem ganzen Heer.

Ich konnt' nicht mehr durchs Thor, so gräßlich war

Euch das Gedräng des zugeströmten Volkes;

Da blieb ich denn und hab' ihn so erwartet.

Erst sah ich an fünftausend Janitscharen,

Schanzgräber, Zimmerleut' und all das Volk;

Die meisten waren gutbewehrte Männer.

Drauf kam der Bassen ganzer Dienertroß

Zu Fuß und Pferd, viel kleine Fähnlein tragend,

Ein jedes anders, nach des Herren Wappen.

Des Kaisers Weidgefolg' und Falkenträger.

An funfzig stolze Rosse, von den Spahis

Geführt, und eine Reihe junger Sklaven,

Meerkatzen, Papagei'n und andre Kurzweil

Auf ihren Köpfen tragend, folgten dann.

Die Bolukbassen schlossen sich daran,

Mit reichen Reiherbüschen auf den Helmen.

Nach ihnen Diener des Serails und drei

Vornehme Bassen: Ferhad, Mustafa

Und Achmet, drauf der Bassa Mahomed,

Nach ihm der Wesir Bassa, der als Richter

Im Lager gilt, dann eine Schar Solaken

Und dann der Tschauschen unmanierlich Volk,

Die mit den Kolben in die Menge schlugen

Und nach den Köpfen in den Fenstern schossen,[16]

Damit sich keiner rühmen soll, er habe

Auf ihren Großsultan herabgesehn.

Drauf kam der Sultan. Ein arabisch Roß

Trug ihn, den kaiserlich geschmückten Heiden.

Ein Säbel, mit Demanten reich besäet,

Hing an dem Sattel, köstlich anzuschaun.

Zur Rechten ging dem Kaiser Ferhad Aga

Und sprach mit ihm; drei Begler folgten dienend,

So auch drei Knaben, von ihm hochgeliebt,

Die Pfeil und Bogen, Kleider, Schalen trugen.

Dann kamen ganze Reihen schöner Pagen,

Sie gingen vor dem goldenen Wagen her,

Der dem Großsultan nachgefahren wurde;

's soll ein Geschenk vom fränk'schen König sein.

Acht andre Wagen dann, nicht minder köstlich,

Der Chasnadar mit seiner Dienerschar,

Zweihundert Esel, schwer mit Gold beladen,

Und ihre Führer schlossen diesen Zug.

Zuletzt das Heer in schöner, stolzer Ordnung.

An zweimal Hunderttausend schätzte man's.

Als sich das Volk in später Nacht verlaufen,

Entkam ich glücklich durch das Thor und bin

Auf unbetretnen Wegen hergeeilt,

Euch, edler Graf, die Botschaft zu verkünden.

ZRINY.

Brav, Landsmann! Labe dich in meinem Keller;

Mein Seckelmeister bringt dir meinen Dank.


Bauer geht ab.


ZRINY.

Kinder, 's wird Ernst! Noch harr' ich auf den Lorenz;

Ich sandt' ihn aus.

ALAPI.

Da sprengt er in den Hof.


Helene weint an dem Herzen ihrer Mutter.


ZRINY.

Der bringt uns Kundschaft. – Weib, tröste das Mädchen!

Das ist nicht anders in dem Land des Kriegs;

Sie wird sich schon an diese Zeit gewöhnen.

So ängstlich aber sah ich sie noch nie. –

Sei ruhig, Kind!

HELENE.

Wie, Vater, kann ich das?

Und könnt' ich's, Vater, wär' ich glücklicher?

EVA.

Still, Mädchen! still!

HELENE.

Ach, Mutter, sieh, da kommt er,

Und schlimme Botschaft les' ich auf der Stirne,

Wie heldenmütig auch das Auge glüht!


Quelle:
Theodor Körner: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 3, Stuttgart [o.J.], S. 16-17.
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