1. Auftritt.

[51] Soliman sehr abgespannt auf einem Stuhl. Levi hinter ihm. Mehmed kommt durch den Hauteingang.


MEHMED.

Wie geht's dem Kaiser?

LEVI.

Schlecht, sehr schlecht! Mir ahnet

Nichts Gutes, Herr!

MEHMED.

Seit wann ist er so krank?

LEVI.

Seit Eurer Wiederkehr aus Sigeth. Was Ihr

In jener Stunde mögt verendet haben,

Das mag kein Freudenwort gewesen sein.

Er ließ mich rufen; in empörter Wallung

Fand ich das alte Heldenblut, ich sah's

An seinem fieberhaft durchglühten Auge,

Ein fürchterlicher Kampf durchriß die Brust.

Als drauf der zweite Sturm mißlang, der dritte,

Der vierte und der fünfte auch, die alte Stadt

Zuletzt zwar überging, von der Gewalt

Der Pulverminen fürchterlich zerborsten,

Doch Zriny kämpfend sich ins Schloß zurückzog,

Da riß der innre Grimm der Heldenbrust

Verwegen an den Festen seines Lebens.

Die Toten ließ er zählen, nur fünfhundert

Tollkühner Ungarn lagen auf der Walstatt

Und hatten so viel Tausende von uns[51]

Zur Todesbrautnacht neben sich gebettet.

Das packt' ihn wie mit Fieberschauer an

Und schmetterte die letzte Kraft zusammen.

Nun liegt er bleich da, als ein Sterbender;

Der nächste Morgen findet ihn dort drüben.

MEHMED.

Zieht Euch zurück. – Mein kaiserlicher Herr!

Ich bring' ein frohes Wort von Petow Pascha:

Gyula ist unser, Keretschin hat sich

An seinen Schwager Bebeck übergeben.

SOLIMAN.

Was kümmert's mich! Sag' mir, Sigeth ist mein,

Und nimm Aegypten dir zum Königreiche!

MEHMED.

König Johann verlangte von dem Pascha

Die Burg für sich; er hat sie ihm verweigert,

Wenn er nicht viermalhunderttausend Gülden

Erlege, was der Ungarkrieg dir koste.

Der Siebenbürge will das Geld nicht zahlen

Und sendet seinen Kanzler –

SOLIMAN.

Er soll zahlen,

Sonst bleibt die Feste mein! Er hat mich so

Zu diesem Kriege ohne Not verleitet. –

Sagt mir: der Kaiser Max sei jetzt zu schwach

Und tief im Streite mit den deutschen Fürsten,

Er könne mir unmöglich widerstehn;

Verspricht mir überdies noch tausend Reiter

Und von den Ungarn alle Lieb' und Vorschub;

Und wie ich komme, hat der Kaiser schnell

Ein ungeheures Christenheer versammelt,

Die Ungarn sind mir feindlicher als je,

Und auch die tausend Siebenbürgen fehlen.

Sag' ihm, das Lügen will ich, ihm vertreiben,

Er freue sich auf meinen Kaiserzorn!

MEHMED.

Ein ähnlich Wort hat er schon hören müssen.

Der Kanzler meinte, daß die Ungarn ihm

Freilich den größten Vorschub zugeschworen;

Weil aber deine Völker gleich gesengt,

So hätten sie ihr Wort zurückgenommen.

Was Maximilian beträf', so wär' der König

Durch falsche Kundschaft selbst betrogen.

SOLIMAN.

Aber

Die Reiter! sprich, was meint er da?

MEHMED.

Es sei die Brücke

Zu spät geschlagen worden, sagt der König;

Das hab' sein Volk verhindert, an der Drau,

Wie der Vertrag gewollt, zu uns zu stoßen.

SOLIMAN.

Verdammt! Wer schlug die Brücke?[52]

MEHMED.

Hamsa Beg.

SOLIMAN.

Laß ihn enthaupten! Geh! Ich litt es nie,

Daß meine Sklaven ihres Fehlers Schuld

Von einer Achsel zu der andern wälzten;

Drum hör' ihn nicht, wenn er sich schuldlos nennt.

Er soll es büßen, daß der Siebenbürge

Mit seinem Fehler sich rechtfert'gen kann.


Mehmed geht ab.


Quelle:
Theodor Körner: Sämtliche Werke in vier Bänden. Band 3, Stuttgart [o.J.], S. 51-53.
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