Vierte Szene.


[171] Köller. Struensee.


KÖLLER. Graf Struensee!

STRUENSEE anfangs zerstreut. Was beliebt?

KÖLLER. Ihr versagt mir die Beförderung?

STRUENSEE. Ja.

KÖLLER. Warum?

STRUENSEE. Ich frage zurück: Was berechtigt Euch zum Anspruch auf Beförderung?

KÖLLER. Meine Geburt und mein Stand.

STRUENSEE. Seid Ihr zum General geboren?

KÖLLER. Ja, mein Herr!

STRUENSEE. Nun, dann braucht Ihr mich nicht dazu, General zu werden.

KÖLLER. Ihr sollt bald erfahren, daß Ihr damit vollkommen recht habt.

STRUENSEE aufmerksam. So?

KÖLLER. Entschließt Euch auf der Stelle, mir gerecht zu werden!

STRUENSEE. Ich bin gerecht gegen Euch!

KÖLLER. Nun denn, Auge um Auge, Zahn um Zahn, Herr Struensee!

STRUENSEE. Ich heiße Graf Struensee!

KÖLLER. Für mich nicht.

STRUENSEE. Das freut mich! Ich bin gern der blanke Struensee[171] neben dem Herrn von Köller, aber Ihr widersprecht einem Edikte des Königs, welches mich in den Grafenstand erhoben.

KÖLLER. Und Euch ein Schiff mit vollen Segeln zum Wappen gegeben! Wo bleibt der Graf, wenn das Schiff untergeht?

STRUENSEE. In der Geschichte, mein Herr. Und wo bleibt Herr von Köller, wenn sein Leben zu Ende ist? Im Staube der Vergessenheit!

KÖLLER. Und wenn er dem Schiffe Struensee den Mastbaum kappte und die nagelneue Flagge zerrisse?

STRUENSEE. So dankte er's Struensee, daß man seinen Namen behielte.

KÖLLER. Es wird mich sehr freun, auch Euch etwas verdanken zu müssen. Ab.


Quelle:
Heinrich Laube: Gesammelte Werke in fünfzig Bänden. Band 24, Leipzig 1908–09, S. 171-172.
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