Zwölfte Szene.


[224] Struensee stürzt herein mit blankem Schwert; hinter ihm Köller ebenfalls mit blankem Schwert. Die Vorigen.

Sehr schnell.


STRUENSEE. Königin Mathilde, Ihr seid unter Verrätern! Er tritt vor Guldberg rechts seitwärts, um auch gegen den nachdringenden Köller Front zu machen.

GULDBERG der ebenfalls das Schwert gegen ihn gezogen. Hochverräter! Du bist vogelfrei!

KÖLLER. Und nicht zum zweitenmal wird dich mein Schwert verfehlen! Gruppe: links vorn die Königin, zu ihrer Rechten Ranzau; rechts von diesem mehr nach der Mitte Guldberg; rechts von diesem mehr nach hinten Köller; ganz rechts, einen Schritt links der Linie, auf welcher Guldberg steht, Struensee.

RANZAU. Im Namen des Königs, keine Gewalttat in der königlichen Burg!

GULDBERG. Des Königs Auge ist abgewendet für immerdar von diesem Manne – das Zeugnis tödlicher Schuld ist in des Königs Händen! Leise zu Köller. Ans Werk! Hier darf es nicht geschehn. Köller ab.

STRUENSEE. Königin Mathilde, was ist geschehn! Was habt Ihr gezeugt gegen mich –

KÖNIGIN. Das Entsetzlichste, Struensee!

STRUENSEE. Mathilde!

KÖNIGIN. Vergebt! Vergebt! Nicht mir! Der Tücke dieses Mannes vergebt. Ich ward getäuscht und glaubte Euch zu retten.

STRUENSEE. Guldberg!

KÖNIGIN. Ove Guldberg!

STRUENSEE das Schwert in beide Hände nehmend. So sprich zu deinem Gott; denn mit mir mußt du sterben!

KÖNIGIN. Struensee, halt ein! Laß uns in Größe untergehn! Reicht ihm die Hand.[224]

STRUENSEE ihr zu Füßen stürzend und die Hand küssend. Meine königliche Herrin!

KÖNIGIN. Guldberg, Euer Auge such' ich! – Des Herzens Reiz hat man in Niedrigkeit verkehrt, und weil ich stolz war, werd' ich tief gebeugt. Eine Königin habt Ihr gestürzt, macht andre dafür glücklich – öffnet diesem Manne, der mir wert ist, die Pforte!

GULDBERG. Das wird geschehn!

KÖNIGIN. Ich danke Euch!

STRUENSEE aufspringend. Ihm Dank?

KÖNIGIN. Den Willen Sterbender erfüllt man sonst, und ich geh' aus dem Leben – vergebt ihm, Struensee – Und jetzt das Lebewohl gewiß für dieses ganze Leben! Nie sieht das Auge mehr das andre wieder, o, weh uns, der süße Traum des stillen Glücks ist aus für immerdar – Leise. Vergib das Unglück, eine Königin geliebt zu haben, und Gott behüte dein Haupt! Sie reicht Ranzau die Hand und geht nach ihren Zimmern; Struensee steht unbeweglich, ihr nachblickend.

GULDBERG eilt ihr voraus, öffnet den Vorhang und ruft mit gedämpfter Stimme hinein. Platz für die Königin! Königin und Ranzau ab.


Quelle:
Heinrich Laube: Gesammelte Werke in fünfzig Bänden. Band 24, Leipzig 1908–09, S. 224-225.
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