Fünfter Auftritt

[1587] Fürst. Erzbischof.

Der Fürst drängt sich herein – Der Erzbischof will ihn daran verhindern.


FÜRST. Laß mich, laß mich!

ERZBISCHOF. Nein Bruder, du darfst nicht in den Saal, dein Schmerz ist zu groß!

FÜRST. Stelle mich für ein Gericht von Vätern, und ich will meinen Schmerz verantworten – aber nicht gegen einen Priester. Was väterliche Liebe ist, versteht niemand als ein Vater. Bruder, schwatze von Büchern und Kirchen!

ERZBISCHOF. Ich darf, ich darf dich nicht lassen.

FÜRST. Was! hier ist Tarent, und ich bin Fürst von Tarent! – Und was brauch ich mich darauf zu berufen. Ist es ein Majestätsrecht, sein Haar am Sarge seines Sohnes auszuraufen? – das kann ja jeder Bettler.

ERZBISCHOF. Ich kenne dein Herz, und schaudre vor dem, was es itzt leidet.

FÜRST. Nicht doch – mein Schmerz ist ja so ruhig, und hier bin ich am allerruhigsten, ich seh hier an seinem Leichnam sein ruhiges Lächeln, aber abwesend erscheint er, und fodert mit fürchterlichen Gebärden Blanka und sein Leben von mir.

ERZBISCHOF. Gut, Bruder, ich will dich noch eine halbe Stunde allein lassen – aber denn gehst du auch mit, versprich mir das.

FÜRST. Ich versprech es dir.


Erzbischof ab.


Itzt bin ich so als ich sein soll – He Thomas!

EIN BEDIENTER kommt. Hast du den Pater geholt?

BEDIENTER. Ja er ist im Vorzimmer.

FÜRST. Laß ihn ins Nebenzimmer treten, und ruf Guido. Bedienter geht ab. – Kalt, kalt meine Seele, daß der Vater dem Richter nicht ins Amt greife, das ist billig, ich will ja dieses nur einen Augenblick sein, und jenes mein ganzes Leben. [1587] Er nimmt unter dem Tuch zu Julius' Füßen Guidos blutigen Dolch heraus, und macht damit die Pantomime, als wenn er auf jemanden zustieße. Gut – Gut – die alten Sehnen sind stärker, als ich dachte – Er legt den Dolch wieder weg.


Quelle:
Sturm und Drang. Band 2, München 1971, S. 1587-1588.
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