XVI. Die Wespen

[237] Ιππος ερρίμμενος σφηκων γενεσις εστιν. Aelianus de nat. animal. lib. I. cap. 28


Fäulnis und Verwesung zerstörten das stolze Gebäu eines kriegerischen Rosses, das unter seinem kühnen Reiter erschossen worden. Die Ruinen des einen braucht die allzeit wirksame Natur, zu dem Leben des andern. Und so floh auch ein Schwarm junger Wespen aus dem beschmeißten Aase hervor. O, riefen die Wespen, was für eines göttlichen Ursprungs sind wir! Das prächtigste Roß, der Liebling Neptuns, ist unser Erzeuger!

Diese seltsame Prahlerei hörte der aufmerksame Fabeldichter, und dachte an die heutigen Italiener, die sich nichts Geringers als Abkömmlinge der alten unsterblichen Römer zu sein einbilden, weil sie auf ihren Gräbern geboren worden.[237]

Quelle:
Gotthold Ephraim Lessing: Werke. Band 1, München 1970 ff., S. 237-238.
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