Persergebet

[179] Du hast gestürzt, o Tagespracht,

Die Nacht zum Meeresgrunde,

Du wandelst deine helle Wacht

Und machst die Segensrunde.
[179]

Und Alles atmet Seligkeit,

Da wieder du erschienen;

So will auch ich in Tätigkeit

Und in Gebet dir dienen.


Was dir zuwider, tilg' ich fort,

Die Sumpf- und Moderscharen,

Vor Lug, Verrat, gebrochnem Wort

Will ich mein Herz bewahren.


Es haßt der Mensch die Krötenbrut,

Der Schlangen Giftgewinde,

Es haßt des Blitzes reine Glut

Das tückisch Seelenblinde.


O Herr, der du im Lichtgewand

Den Feuerdienst geboten,

Die Luft wird schwül, vom Abendland

Nahn deine Feuerboten.


Gib, daß ich nicht in Furcht erbleich'

Vor deinen Ungewittern;

Laß mich der reinen Blume gleich

In Liebe nur erzittern.


Gib, daß mich deine Flammenkraft

Erfülle mit der Stärke,

Die für die Nacht den Frieden schafft

Und für den Tag die Werke.

Quelle:
Hermann von Lingg: Ausgewählte Gedichte, Stuttgart u. Berlin 1905, S. 179-180.
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