Der Rosengarten

[314] Ich weiß ein Garten hübsch und fein,

Da blüht ein rotes Röselein;

Und darum ist ein Heckenzaun,

Im Sommer grün, im Winter braun.


Und wer das Röslein brechen will,

Muß kommen stumm, muß kommen still;

Muß kommen bei der dustern Nacht,

Wenn weder Mond noch Sternlein wacht.


Ich wollte meinem Glück vertraun,

Stieg heimlich übern Gartenzaun;

Das rote Röslein war geknickt,

Ein andrer hatte es gepflückt.


Das Gärtchen ist nun kahl und leer,

Das rote Röslein blüht nicht mehr;

Betrübt muß ich von weitem stehn

Und nach dem Rosengarten sehn.

Quelle:
Hermann Löns: Sämtliche Werke, Band 1, Leipzig 1924, S. 314-315.
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