Die Elementargeister

[227] Sylfen.


Die Sylfen entwallen

Des Morgenroths Hallen.

Wie lieblich, wie mild

Ihr Purpurgebild

Aus Aether gehaucht

In Aether sich taucht!

Ein Rosenblatt würde

Den Schwingen zur Bürde.

Ihr Sinn ist so hell,

Ihr Schweben so schnell

Wie Stralen der Sonne!

Sie locken zur Wonne

Mit Nachtigalltönen,

Und bieten galant

Bezauberten Schönen

Die lösende Hand.


Ondinen.


Im Schloß der Ondinen,[227]

Das, glänzend auf grünen

Gewölben der Fluth,

Im Ozean ruht,

Regiert das Gefühl

Im heiligen Stil.

Man läutert die Sinne

Zu geistiger Minne,

Ist weicher wie Wachs

Und blonder wie Flachs.

Als Zofen umknixen

Blaulockige Nixen

Die hehren Vestalen,

Und wann, bei den Qualen

Petrarkas, man Zähren

Des Mitgefühls weint,

Naht auch wohl in Ehren

Ein Triton als Freund.


Salamander.


Des Flammenreichs Meister

Sind rastlose Geister.

Bald schlängelt ihr Lauf

Sich mondwärts hinauf,

Bald flackern sie fix

Hernieder zum Styx.

Ihr tummelndes Wirken

In Amors Bezirken

Zu Frevel und Brand

Ist leider bekannt.

Auch droht ihre Gabe

Zum Irrlichtertrabe,

Bei nächtlichen Reisen

Nach Hymens Altar,

Selbst bärtigen Weisen

Oft große Gefahr.


Gnomen.


Gleich schwarzen Fantomen

Entklettern die Gnomen,[228]

In wolkiger Nacht,

Dem dunstigen Schacht.

Ein träges Geschlecht!

Nicht Herr und nicht Knecht

Spürts immer nach Nebel,

Hat Beine wie Säbel;

Es watschelt, es tappt

Possirlich verkappt,

Bald äffisch und drollig,

Bald bärenhaft knollig,

Trägt Pelze von Ratten

Und spottet des Lichts

Beim Scheine des platten

Karfunkelgesichts.

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 227-229.
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