Sechste Scene.

[11] Venus, Amor, Jupiter.


Arie.


AMOR.

Oben hoch im Himmel

Wie im Weltgetümmel,

Fühlt ein jeder Lümmel

Meine Macht –


Jeder holde Engel,

Jeder rohe Bengel,

Jeder Galgenschwengel

Hats erfragt –


Alles muß charmiren,

Und muß caressiren,

Was nützt's raisonniren,

Wenn ich will –


S' leid kein Widerreden,

Meine lieben Spröden,

Macht nur keine Blöden,

Und seyd 's still!


Ohne mir auf Erden,

Würd's bald leerer werden

Weder Mensch noch Heerden,

Gäb es mehr –
[11]

Doch mein Hauch belebet,

Alles, was da webet

Und im Leben schwebet,

Ring umher –


Von dem Elephanten,

Bis zum Komedianten,

Fürsten und Trabanten

Kennen mich –


Mädchen bey den Spulen,

Buben in den Schulen

Wollen heut schon buhlen,

Sicherlich.


Mancher graue Himmel,

O, du lieber Himmel,

Ist noch so ein Lümmel

Und verliebt –


Manche alte Mutter,

Sucht noch jungen Butter –

Die dem Tod ein Futter,

Baldigst gibt.


Alle wird vergessen,

Habens nichts zu fressen,

Sinds doch, wie besessen,

Von der Lieb –


Ja es ist zum scherzen,

Denn so manche Herzen,

Sind vor Liebesschmerzen,

Wie ein Sieb.


JUPITER.

Ein Busserl Frau Tochter!

VENUS.

Recht gern, Papa, ohne Fachsen![12]

JUPITER.

Schau, schau, dem Buben sind die Flügeln hübsch gewachsen.

Was macht die Frau Tochter? Wie führt der Bursch sich auf?

VENUS.

Mir gehts gut; und der arme Schelm ist halt beständig im Lauf.

Es wär kein Wunder, wenn er die Hektik bekäm,

Denn es geht zu um ihn, daß ich mich völlig schäm.

Einmahl, ja da hat man höchstens mit 20 Jahren ihn gekennt;

Aber jetzt ist kein 12 jähriges Ding, das ihn nicht schon nennt.

Und was hat das seine Arbeiten vermehrt,

Daß man die Liebe jetzt wie Modewaaren verkehrt.

Denn es gibt Weiber, die sich zu todt schämen thäten,

Wenn s' nicht alle Wochen einen andern Amanten hätten.

AMOR.

Lang werd' ichs so nicht aushalten können,

Ich werd' mich müssen vom heutigen Menschengeschlecht trennen.

Denn es ist kein Spaß; keine Minute Rast und Ruh,

Die Mama braucht ihr ganzes Vermögen auf meine Schuh.

JUPITER.

Der Hacken wollen wir bald einen Stiel finden,

Was brauchen die Menschen die Lieb? Das Geld soll sie verbinden!

Sie haben so kein anders Gefühl mehr als Thaler und Dukaten,

Der Pluto ist die ganze Gottbeit dieser Renegaten.

Was gibts sonst Neues? Sie haben gewiß eine Bitt?

Denn die Frau Venus macht umsonst keine Visitt.

VENUS.

Errathen, Papa, dieß Mahl muß es sich bewähren,[13]

Daß Sie nicht zur Simandlbruderschaft von Krems gehören.

Die Frau Juno, die Gemahlinn, das zärtliche Weiberl –

JUPITER seufzend.

Ja, sie ist sanft, ich kenne schon das Täuberl!

Was hat's denn wieder angestellt?

VENUS.

Eine Kleinigkeit.

Mir macht sie Spuck, so oft es ihr gfreut.

Sie kennen doch den Orpherl, den Erzharfenisten?

JUPITER.

Er spielt aufm Spittelberg bey der goldenen Kisten.

Und hat ein hübsch Weiberl, die er accompagnirt –

VENUS.

La même, der Papa hat sie gewiß schon visirt.

Das Paar steht unter meiner Protection,

Denn es lebt und webt für wahren Liebeston.

Um mir nun einen Streich zu spielen,

Um ihr Müthlein, das böse, abzukühlen,

Trennt sie den Lebensfaden des Weibs, und der Mann

Ruft mich verzweifelt wie ein Komedieheld an:

Ich soll ihm nur wieder, ein liebes Weiberl verschaffen,

Er schreyt, es gäb auf der ganzen Welt keinen ähnlichen Affen.

JUPITER.

Das Ding ist neu. Sonst danken die Männer von Herzen

Den Göttern, wenn's Weib stirbt.

VENUS.

Ohne zu scherzen.

Ich hab mich kaprizirt; der Juno zum Trutz,

Nimm ich das Paar in meinen Schutz.

Ich habs auch schon erfratschelt, ich weiß, wo sie ist,[14]

Betrachten S' Papa, nur die schändliche List –

Zum Pluto in d'Höll hat sie 's auf die Kost gegeben,

Bey der Schlangentafel soll jetzt die Ärmste leben.

Nein Papa, dieß Mahl müssen's einen Herrn zeigen,

Der Orpherl muß sein Weib haben, oder –

JUPITER.

Willst schweigen?

Wenn 's meine Frau hört, da wärs gleich Tuto,

Sie schickte mich selbst auf die Kost zum Pluto.

Das wird schwer halten.

VENUS.

Sind Sie ein Gott, oder sind S' keiner?

So viel Courage hat ein jeder Zigeuner.

Bedenken S', daß ich Ihre Tochter bin, und kein Kuchelfetzen,

Von Ihrer saubern Frau laß ich mich einmahl nit hetzen.

AMOR.

Ich hab Ihnen schon viele Dienste gethan,

Gedenkens an d' Mamsell Lederl, da waren S' ein Schwan.

Bey der Alkmene habens die Gestalt ihres Manns angenommen –

Die List wird den Männern heut zu Tag schwerlich bekommen.

Bey der Danae haben S' ihr Glück gmacht als goldner Regen –

JUPITER.

Wer Gold regnen läßt, kann leicht viele Weiber bewegen.

VENUS.

Pfuy Papa, fi donc, das hätt ich nicht geglaubt,

Das Weib hat Ihnen ja den Donnerkeil geraubt.

JUPITER.

Vous avez raison! Ich will mich ermannen.

Ich bin der Herr!


Lärm. Zitternd.


Doch hurtig von dannen![15]

Ich höre meine Frau, sonst ist der Teufel los,

Geht's meine Kinder, ihr Zorn ist gar groß.

Es könnt ein Unglück gschehn.

VENUS.

Da sehts den Simandl.

Jetzt geh ich nit vom Fleck; ich furcht nit die boshafte Sandel.

JUPITER.

Du sollst das Weib haben, parole d'honneur,

Gehts derweil ins Kabinet, wenn s' fort ist, kommt's wieder her.

Ich will ihr schon meine Autorität fühlen lassen,

Sie soll mit dem Jupiter nicht länger mehr spassen.

VENUS.

Wir gehn ins Kabinet; doch halten Sie Ihr Wort.


Mit Amor ab.


JUPITER.

Ich bin ein gwisser Gott, so machts nur, so gehts fort!

Die lärmt wieder drauß, das Corps der Janitschaaren

Könnt durch das liebe Weib die große Trommel ersparen.


Quelle:
Carl Meisl: Theatralisches Quodlibet, Pesth 1820, S. 11-16.
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