Neunte Scene.

[24] Unterwelt. Analoges Zimmer des Pluto.

Pluto, Euridice.


EURIDICE.

So lassen S' mich doch aus! Sie sind mir ein rechts Schmieramperl,

PLUTO.

Mach nur keinen Lärm, sey ein gutes Lamperl,

Du sollst die besten Täg bey uns haben,

Wir sind nicht so schwarz, wie man uns macht! wir sind keine Raben.

EURIDICE.

Die Quinten kenn ich schon. Es geht in der Höll, wie auf der Welt,

Daß den Herr'n alles, was neu ist, gefällt.

Kommt ein fremdes Gsichtl in Vorschein, da ists aus,

Sie rennen sich d' Füß ab, und lassen d' Weiber zu Haus.

Und wenn d' Frau Gemahlinn dahinter käm,

Gleich beym Eintritt mich beym Zwiefachel nähm'?

Na Sie, das kann nit aufgführt werden, da müßt i bitten,

Ich halt auf ganze Augen und auf gute Sitten.

PLUTO.

Schau, wie du herdalkst, das ist recht schwach,

Wir Götter sind wie die Deutschen, wir affen Alles nach.

Seit die Menschen sichs im Ehstand kommod machen,

Haben wir auch unsre eigenen, geheimen Sachen.

Die Menschen sind sterblich, und bleiben nicht einmahl bis zum Tod sich treu,[24]

Das wär für uns Unsterbliche weiter keine Marterey.

Meine Frau ist eine Frau von Welt, die Tochter von einem Herrschaftsbeamten,

Sie kann sich auch einen Chapeau wählen unter den Verdammten.

EURIDICE.

Aber mein Schmerz ist noch zu neu, lassen S' mich in Ruh,

Ich bin erst seit einer Stund Witwe, das wär doch z' fruh!

Das war ein Mandel, o Herr Höllengott!

Er war so gut ausgebacken, wie 's heutige Brot.

Er war so sanft, wie die Herrschaftsheiducken,

Knödel war sein' Leibspeis, die konnt' er schlucken.

Gut war er, meiner Treu, wie ein heuriger Wein,

Und in der Wäsch wie d' Wallachen, so rein.

Lieb hat er mich ghab – drüber geht nix,

Alle acht Täg hatt ich meine richtigen Wix.

Mäßig war er im Trinken – ich hab ihn oft belauert,

Wenn er Sonntags einen Rausch hat ghabt, hat er bis Samstag dauert.

Und in der Musik – da war er ein Meister,

Es ist ein Compositeur in Wien – wartens: wie heißt er?

Er fällt mir nicht ein.

PLUTO.

So nenn' einen andern, der so heißt.

EURIDICE.

Es ist alls eins, er ist halt ein großer Geist,

Der für die Bierhäuser die schönsten Sachen komponirt.

Wenn mein Mann über einer Note drey Jahr hat studiert,

So hat ers Ihnen vom Blatt weggspielt; das nenn ich Genie!

Das ist ein Virtuos, Sie glaubens gar nie.[25]

PLUTO.

Dein Schmerz ist gerecht, doch was nutzt dir das Rotzen,

Ewig hätts doch nit können beysammen knotzen.

Der Mensch wird geboren, damit er stirbt, das ist klar.

EURIDICE.

Das hätte mir sagen können ein jeder Narr!

Wie wirds dem armen Waisen ohne mich gehn? Schlecht, sicherlich!

Wer singt ihm so falsch seine Lieder, wie ich?

O, er wird mich nie vergessen in seinem Innern,

Die Schulden, die ich zurück gelassen, werden ihn schon erinnern.


Quelle:
Carl Meisl: Theatralisches Quodlibet, Pesth 1820, S. 24-26.
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