Traumbesitz

[25] »Fremdling, unter diesem Schutte

Wölbt sich eine weite Halle,

Blüht des Inka goldner Garten,

Prangt der Sessel meines Ahns!
[25]

Alles Laub und alle Früchte

Und die Vögel auf den Ästen

Und die Fischlein in den Teichen

Sind vom allerfeinsten Gold.«


– »Knabe, du bist zart und dürftig,

Deine greisen Eltern darben –

Warum gräbst du nicht die nahen

Schätze, die dein Erbe sind?«


»Solches, Fremdling, wäre sündlich!

Nein, ich lasse mir genügen

An dem kleinen Weizenfelde,

Das mir oben übrigblieb.


Im Geheimen meines Herzens,

Mit den Augen meines Geistes

Schwelg ich in den lichten Wundern,

In dem unermeßnen Hort:


O des Glanzes! O der Fülle!

Siehst du dort die Büschel Maises

Mit den schöngeformten Kolben?

Siehst du dort den goldnen Thron?«


Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 25-26.
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