Berlin

Ich liebe dich bei Nebel und bei Nacht,

wenn deine Linien ineinander schwimmen, –

zumal bei Nacht, wenn deine Fenster glimmen

und Menschheit dein Gestein lebendig macht.


Was wüst am Tag, wird rätselvoll im Dunkel;

wie Seelenburgen stehn sie mystisch da,

die Häuserreihn, mit ihrem Lichtgefunkel;

und Einheit ahnt, wer sonst nur Vielheit sah.


Der letzte Glanz erlischt in blinden Scheiben;

in seine Schachteln liegt ein Spiel geräumt;

gebändigt ruht ein ungestümes Treiben,

und heilig wird, was so voll Schicksal träumt.

Quelle:
Christian Morgenstern: Sämtliche Dichtungen. Abteilung 1, Band 7, Basel 1971–1973, S. 37-39.
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