Das Hallelujah.

[96] Mußte nothwendig mißglücken, weil es zu einer gesuchten, veranstalteten Scene bestimmt war, die, wenn sie geglückt wäre, einen unauslöschlichen Mißlaut in Hartknopfs Leben gebracht hätte. –

Nur seine eingeengte Kraft konnte eine solche Krümmung in sich selber machen, die possirlich werden mußte, sobald die veranstaltete – Scene mißlang.

Aber die verborgene Federkraft in seinem Busen dehnte sich mit Macht, und zersprengte die Posse wieder.

Dies gekünstelte und gesuchte Hallelujah bestrafte sich selbst, und wurde durch das Ha! Ha! des Altisten von der Orgel in seiner Geburt ersticket.

Dies Ha! Ha! und der herabgestürzte Engel warfen über die ganze Feierlichkeit eine komische[97] Larve, und was von dem Feierlichen nicht ächt war, das verwehte, wie Spreu vom Winde.

Warum sind die Anekdotenbücher so voll von komischen Predigergeschichten? Warum hat man nichts lieber als Erzählungen von Unschicklichkeiten und Lächerlichkeiten des Pfarrers auf der Kanzel?

Kömmt es nicht daher, weil man einen gewissen angenommenen feierlichen Ernst schon voraussetzt, mit dem das geringste Komische weit mehr, als im gemeinen Leben absticht?

Und würde dieß wohl der Fall seyn, wenn die Predigten sich mehr der vertraulichen Unterredung, so wie bei den ersten Christen, nähmen? – wenn der Predigtstuhl wenig erhaben wäre und der Prediger weniger stolz auf die Gemeinde zu seinen Füßen herabsähe?

Bei der gewöhnlichen Unterredung fallen die Besonderheiten der Menschen nie so sehr auf, als wenn sie öffentlich auftreten und mit einer gewissen angenommenen Feierlichkeit reden; dann wird erst jede Kleinigkeit bemerkt, die vorher unbemerkt blieb, und der Lacher und Spötter findet reichen Stoff.[98]

Das gesuchte Feierliche war sonst so ganz und gar Hartknopfs Sache nicht, daß er dießmal gleichsam aus seinem Wesen hinweggedrängt schien, da er von der Kanzel in das Hallelujah von der Orgel einfiel. –

Aber er verkannte sich auch selbst in diesem Augenblicke – er glaubte, er sey zum Prediger in Ribbeckenau gebohren, und brach darüber in ein falsches Hallelujah aus, daß sich augenblicklich selbst an seinem Urheber rächte.

Quelle:
Karl Philipp Moritz: Andreas Hartkopf. Prediger Jahre, Berlin: Johann Friedrich Unger, 1790. , S. 96-99.
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