15. Auftritt.

[91] Hartwig. Wilhelmine.


HARTWIG durch die Mitte. Da ist die Tante – ich werde mit ihr reden. Frau Commerzienräthin – ich habe die Ehre!

WILHELMINE. Sie suchen gewiß meinen Mann!

HARTWIG. Nein – im Gegentheil – ich preise das Geschick, daß es mir vergönnt ist, mit Ihnen allein zu reden.

WILHELMINE freundlich. Immer galant, Herr Hartwig!

HARTWIG. Frau Commerzienräthin – es giebt im Menschenleben Augenblicke, wo es ein gewisses Bedürfniß ist, seine Gedanken einer fühlenden Seele auszuschütten.

WILHELMINE. Oh ja – oh ja!

HARTWIG. Nun – kurz und gut, Frau Commerzienräthin, Ihre Nichte hat auf mich einen unauslöschlichen Eindruck gemacht.

WILHELMINE auffahrend. Was?

HARTWIG. Einen so unauslöschlichen Eindruck, daß ich mir ein ferneres Leben ohne sie nicht denken will – haben Sie die Güte –

WILHELMINE. Aber Herr Hartwig! – Sind Sie etwa der junge brave Mann – von dem Bolzau sprach?

HARTWIG. Sprach er von einem jungen braven Mann? – Ja – ganz gewiß – das werde ich wohl sein –

WILHELMINE erregt und alterirt. Nun, Herr Hartwig, dann will ich Ihnen auch kurz sagen – ich bin nicht aufgelegt zu schlechten Späßen.

HARTWIG. Aber Frau Commerzienräthin –[91]

WILHELMINE. Ich kann es nur für einen ganz schlechten Scherz ansehen, wenn Sie die Hand meiner Nichte begehren. Lassen Sie sich das ein für allemal gesagt sein. Ein Mann, der sein Herz fortwährend auf der Zunge hat – es feil bietet wie auf dem Markt – das ist kein Mann für meine Ludmilla!

HARTWIG. Erlauben Sie – Ludmilla? Ich rede gar nicht von Fräulein Ludmilla!

WILHELMINE. Nicht?

HARTWIG. Nein – ich hatte Ihre Nichte Bertha im Sinn –

WILHELMINE. Bertha? Hahaha! Bei Seite. Das ist gut! Laut. Nun – da müssen Sie mit meinem Neffen Scheffler reden, der hat über diese Hand zu verfügen – da ist er gerade!


Quelle:
Gustav von Moser: Lustspiele. Band 1, Berlin 1873, S. 91-92.
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