71. Golo und Genoseva

[95] Durch die Dämmrung sinkt gelinde

nun herab der Abendthau

und die leichte Frühlingswinde

hauchen durch die Blüthen lau;
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und des Mondes Silberwallen,

zittert hin auf dunkler Fluth,

möge dir! mein Lied gefallen,

auserwählteste, von allen!

die geweckt von Nachtigallen

nun auf weichem Lager ruht.


Lieblich steiget auf von hellen

Perlen, süßer Mayendufft,

aus der Erde Busen schwellen

Bluhmen tausendfach zur Lufft;


und des Himmels klare Kerzen

gießen nieder milden Schein:

aber fern von holden Scherzen,

klagen einsam wunde Herzen,

bange sind der Liebe Schmerzen,

sie durchnagen Mark und Bein.


Nacht verbreitet still die Flügel,

dämmernd ruhet Feld und Bach;

alles schlummert, Thal und Hügel,

nur mein Aug bleibt thränen wach.


O du weißt mit welchen Stricken

Liebe mir die Seele band.

Willst du mich der Noth entrücken,

lößen ach! mit sanfften Blicken,

Todt und Leben, Quaal, Enzücken!

alles steht in deiner Hand.

Quelle:
Friedrich Müller (Maler Müller): Gedichte. Jena 1873, S. 95-96.
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