Siebenter Auftritt

[34] Vorige. Strudl. Anastasia. Peppi. Der Fremde.


HOBELMANN auf Leim zeigend. Da, meine Freunde, seht's, da ist er!

ALLE. Willkommen! Willkommen!

STRUDL gutmütig zu Leim. Das war nicht schön von Ihm, daß Er uns so abg'fahren ist.

LEIM beiseite grimmig. Der Dickwanst foppt mich noch? Das ist zu viel! Grob zu Strudl. Sie haben's nötig, daß S' mich aufziehn wollen. Pfui Teufel! ich schamet mich, heiraten mit dem Bauch. Sie sollten sich lieber zwischen Ihre Weinfässer setzen, von denen keins so dick ist, als Sie, und so lang trinken, bis Sie liegen bleiben im Keller unten, das wär' g'scheiter, als auf der Welt heroben einem ehrlichen Kerl seine Lieb abfischen.

ALLE. Was?

HOBELMANN. Leim, jetzt sei Er still! Wie kann Er einen ehrenfesten Mann in meinem Hause so traktieren?

LEIM. Ja, ehrenfester Mann –

HOBELMANN. Da geh' Er her; ich muß Ihn ja erst bekannt machen mit der ganzen Gesellschaft.

LEIM. Oh, ich kenn' alle.

HOBELMANN auf Strudl zeigend. Das ist mein Freund Strudl,[34] der Bräutigam, jetzt eigentlich schon Ehmann – das Auf Peppi zeigend. ist meine Tochter Peppi, die Kranzeljungfer. –

LEIM froh überrascht. Kranzel – Jungfer?

HOBELMANN Anastasia vorführend. Das ist Anastasia Hobelmann, die Tochter von meinem verstorbenen Bruder, gegenwärtig ehrenfeste Strudl.

LEIM in höchster Freude losbrechend. Also die Peppi ist nicht seine Frau? sie ist noch frei? Zu Peppi eilend. Du bist also noch mein, Peppi? – bist keine Strudl? Anastasien die Hand küssend. O meine Gnädige! erlauben Sie, daß ich Ihnen die Hand küsse. Zu Strudl. Und Sie, mein bester, liebster, schönster, goldener Herr von Strudl, jetzt hab' ich Ihnen so lieb, weil Sie nur die Peppi nicht g'heirat haben. Verzeihen Sie, ich war ein Flegel – ich begreif' gar nicht, wie ich hab' schimpfen können über Ihre respektable Westegegend – Dreht ihn um, und streicht über seinen Rücken. Sie sind so schön, so proportioniert – gar kein Bauch – lassen Sie sich umarmen. Umarmt ihn. – Und Sie, Herr Schwiegerpapa


Sich zu Hobelmann wendend.


HOBELMANN. Was? Schwiegerpapa? Er hat ja noch nicht einmal mit'n Madel Richtigkeit g'macht, Sein Wort angebracht, bei mir gar nicht angehalten um sie.

LEIM. O Peppi! himmlische Peppi!

PEPPI. Ich sollt' bös sein, Johann.

LEIM. Ja, ich verdien's.

PEPPI. Du hast mir viel Kummer verursacht.

LEIM. Und das bloß durch meine Dummheit, weil ich nix g'redt hab'.

PEPPI ihm die Hand reichend. Du hast mir das Leben gerettet, ich bin dein.

HOBELMANN. Halt! da hab' ich auch ein Wort dreinzureden. Dem ersten besten Hasenfuß, der nix ist und nix hat, kann ich meine Tochter nicht geben. Indessen, das ist mit Ihm anders geworden, Er ist ein Mann, der seine Batzen hat.

LEIM. Was? Wie weiß denn der Meister das?[35]

HOBELMANN. Nu, wenn ich's nicht wüßt', wer sollt's denn hernach wissen. – Ich hab' für Ihn damals, wie Er den Wurf aufg'fangt hat, der meine Tochter getroffen hätt', 500 Dukaten angelegt, die g'hören samt Interessen Sein. Jetzt fang Er halt Sein Meisterstuck an, in drei Wochen ist Er Meister, und dann soll Er's Madel haben.

ALLE. Wir gratulieren!

LEIM. Bester, großmütigster Herr Schwiegerpapa! ich nehm's an; aber jetzt müssen auch Sie und die Peppi erlauben, daß ich das auch dazuleg', was ich hab'.

HOBELMANN. Hat Er sich auch was erspart?

LEIM. Was man sich halt so erfecht auf der Straßen. Ich werd' gleich die Kisten hereintragen lassen. Läuft zur Türe. Heda, Leut'! nur herein!


Vier Träger tragen eine große Kiste herein.


ALLE. Was ist das?

LEIM den Deckel aufreißend. Das gehört alles meiner Braut.

HOBELMANN. Lauter Geldsäck? – Was Tausend!

LEIM. Nix tausend – über dreißigtausend Taler sind da drin. Ich hab s' in der Lotterie gewonnen, ich bin jetzt ein Mandel mit Kren.

ALLE ganz verwundert. Ah! Ah!

LEIM. Der alte zerrissene Rock da, war nur Verstellung, ich hab' dich nur prüfen wollen, ob du mich noch liebst.

PEPPI. Johann! Mein Johann! ich verlang' mir nichts als dein Herz.


Sinkt in seine Arme.


HOBELMANN. Das Geld gehört also alles Sein? – Jetzt muß Er's Madel nehmen! Vereinigt ihre Hände. Heut vier Wochen ist Hochzeit, da soll die ganze Stadt reden davon.

LEIM. Das Geld g'hört mein – die Peppi g'hört auch mein, jetzt nimm ich mein ganze Bagage zusamm, und zieh' aus. Er hebt Peppi in die Kiste auf die Geldsäcke, die Träger tragen sie ab, er geht nebenbei, alle andern folgen.


Verwandlung.

Elegantes Zimmer in Zwirns Wohnung mit Mittel- und Seitentüren. Im Vorgrunde rechts und links Tische und Stühle.[36]


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 34-37.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Der böse Geist Lumpazivagabundus
Der böse Geist Lumpazivagabundus: Oder Das liederliche Kleeblatt

Buchempfehlung

Anonym

Schi-King. Das kanonische Liederbuch der Chinesen

Schi-King. Das kanonische Liederbuch der Chinesen

Das kanonische Liederbuch der Chinesen entstand in seiner heutigen Textfassung in der Zeit zwischen dem 10. und dem 7. Jahrhundert v. Chr. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Victor von Strauß.

298 Seiten, 15.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon