Elfter Auftritt


[358] Natzi allein.

Mit der Verwandlung beginnt das Ritornell des folgenden Liedes, Natzi tritt zur Mitte auf.


NATZI.


Lied


1.

Ein Umgang und Einzug, das is halt eine Freud',

Da produzier'n ihre schön' Kinder die Leut',

Ein neu's G'wandl hat mir d' Frau Mutter gekauft,

Das alte war z'rissen, ich hab' mit d' Bub'n g'rauft.

Jetzt heißt es halt acht geb'n aufs neue Gewand,

Denn wenn man nicht sauber ist, ist es a Schand.


2.

Der gnädige Herr wird zu schauen was hab'n,

Z'erst kommen die Mädln, dann ich unter d' Knab'n,

Bleibt er hier, hab' ich Aussichten, das is a Pracht,

Vor drei Jahr'n hat er's g'sehn, wie ich Prüfung hab' g'macht;

Können hab' ich zwar nichts, doch hat er g'sagt: Aus mir,

Da wird ohne Zweifel ein recht großes Tier.


[358] Nach dem Liede.


Ich werd' wieder unter die Umgangskinder das allerschönste sein. Ich bin in meinem Alltagsanzug schon ein liebes Bubi, hat die Frau Mutter gesagt, jetzt erst, wenn ich mit Blumen geschmückt bin, da is es gar nicht zum Aushalten. Schad', und an so ein' Festtag muß wieder ein Verdruß im Haus sein. Der Lenerl ihre Jagdgeschichte wirkt störend auf den müllnerischen Frieden unsers Hauses. Das Madl soll froh sein, daß sie der Vetter heiraten will, für was braucht sie den Jäger? Ich wollt' nix sagen, wenn sie schlechte Augen hätt', denn da soll es sehr gesund sein für ein Mädl, wenn sie eine Amour mit ein' Jäger hat, weil sie allweil ins Grüne schaut. Aber eine mit fünf ganze Sinn', die soll doch einsehen, daß es nicht leicht eine reizendere Naturerscheinung gibt als einen Müllner, alleweil voll Mehl, schneeweiß; es is kein Wunder, wenn ein Madl völlig verblendet wird, wenn's a Weil' auf ein' Müllner schaut. Ich sage – Man hört zanken. mir scheint, der Familienzwist zieht sich in diese Gegend.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 2, Wien 1962, S. 358-359.
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