Zweite Szene

[83] 1.2.3.4.

(Bühne frei)Die Vorigen,

Vorigendann Isabella, dann Froh,

dann Isabella


Sanguinisch.


SCHLANKEL. Jetzt gehst du vor allem andern –

HUTZIBUTZ. Nein, vor allem andern bleibt er da! Eifersüchtig, beiseite. Den lass' ich nicht allein in gewisser Nähe!


Melancholisch.


WALBURGA. Mich begeistert die Nähe der Gefahr, Sieg oder Tod ist der Ruf, der durch meine Seele hallt!


Phlegmatisch.


FELIX. Gelingt ihm der Streich, so sind hundert Dukaten nicht zu viel.

ROBERT. Auch tausend nicht!

EDMUND. Oho!


Sanguinisch.


SCHLANKEL. Du wart'st vermutlich auf die Schläg', die dir der Herr von Froh schuldig ist?

HUTZIBUTZ. Nein, ich kreditier' ihm s' noch.

SCHLANKEL. Wennst aber just auf eine a conto- Zahlung anstund'st –

FROH zur Mitte ein. Ah, Schlankel, gut, daß ich Ihn treff'! Hutzibutz bemerkend. Hinaus![83]

HUTZIBUTZ. Ich hab' nur nachschaun wollen, ob nicht ein Paar Stiefel zum putzen is.

FROH. Nein, aber ein Rock ist zum Ausklopfen, der Seinige, verstanden? – Wenn nur ein Staberl da wär' –!


Phlegmatisch.


FELIX. Fünfundzwanzig sind nicht zu viel auf einen.


Sanguinisch.


HUTZIBUTZ. O, ich bitt', sich nicht zu bemühen, ich richt's mit der Bürsten. Eilt zur Mitte ab.

SCHLANKEL. Euer Gnaden müssen ihn nicht abschrecken, durch ihn kann ich allerhand erfahren.

FROH sehr eilig und geheimnisvoll. Gut, gut! Aber, Schlankel, ich muß Ihm was vertrauen.

SCHLANKEL. Was denn?

ISABELLA will aus der Seitentüre treten, zieht sich aber zurück, um zu horchen.

FROH. Ich bin verliebt!

SCHLANKEL. Ernstlicher Weise?

FROH. Mariage, Mariage! Ich mag kein Witiber mehr bleiben, und der Witwe, Frau von Korbheim, ist der Witwenstand zu wider.

SCHLANKEL. Verstanden! Kann ich da vielleicht in was dienen? Sie ist Kundschaft von mir!

FROH. Im Ernst? O, du Goldmensch!

SCHLANKEL. Getroffen, ich bin Goldmensch, drum richt't man bei mir nur mit Gold was.

FROH. Wenn ich Ihm also diese drei Dukaten geb', so wird Er meine Mißhelligkeit mit der Frau von Korbheim –

SCHLANKEL. In den schönsten Einklang verwandeln.


Phlegmatisch.


GUIDO. Sprecht nicht mit solcher Gewißheit von Erfolg!


[84] Sanguinisch.


ISABELLA tritt aus der Seitentüre.

SCHLANKEL. Die Isabella! Winkt ihr zärtlich zu.

ISABELLA geht, Schlankels Winke freundlich aufnehmend, zur Mitte ab.

FROH. Wenn die jetzt was gehört hätt'! Die Sach' ist strengstes Geheimnis, ich hab's sogar meinen Kindern verschwiegen, erst wenn die Marie verheirat't is –

SCHLANKEL. Gut, gut!


Melancholisch.


ISABELLA zur Mitte eintretend. Sie verzeihen, Zu Marie. Fräulein Marie –

MARIE. Die Bella! Zu den andern. Die hat viel beigetragen, unsern Feind Schlankel in einen Freund zu verwandeln.

ISABELLA. Gegen mein Herz und meine Grundsätze.


Sanguinisch.


FROH. Aber sag' Er mir, was hat denn Er mit der Bella?

SCHLANKEL. G'spannen Euer Gnaden was?


Melancholisch.


ISABELLA. Ich hab' mich g'stellt, als ob ich in den Schlankel verliebt wär'.


Sanguinisch.


FROH. Die g'hört ja aber dem Hutzibutz.

SCHLANKEL. Sie ist wie eine Wahnsinnige verbrennt in mich!


Phlegmatisch.


FELIX hat mit den übrigen von demselben Gegenstand gesprochen. Die Isabella hält den Schlankel nur zum Narren.


Melancholisch.


ISABELLA. Und der Dummkopf glaubt's!


[85] Phlegmatisch.


ROBERT. Ein pfiffiges Mädel, die Bella!


Melancholisch.


ISABELLA. Wenn wir dann seine Dienste nicht mehr brauchen, sag' ich: Adieu, Partie!


Sanguinisch.


SCHLANKEL. Der Hutzibutz natürlich bild't sich ein, er is Hahn im Korb, und derweil bin ich –


Phlegmatisch.


ROBERT. Ein dummer Laff', der Barbier, daß er's nicht merkt! Robert, Edmund und Felix lachen.


Sanguinisch.


FROH. Das is ein Hauptschub!


Melancholisch.


MARIE. Ein Mensch wie der Schlankel verdient's, daß er am Ende ausg'lacht wird. Marie, Agnes und Walburga lachen.


Sanguinisch.


SCHLANKEL. Über so einen Esel muß man lachen. Lacht mit Froh sehr laut.

FROH. Jetzt sag' Er mir aber, was soll ich in punkto der Meinigen tun?

SCHLANKEL. Aufmerksamkeiten, Präsenten einkaufen und zu ihr gehen, wenn ich's sag', oder halt! Sie war ja schon öfters bei Ihnen eingeladen?

FROH. Freilich, aber – gespannter Fuß –

SCHLANKEL. Ich übernimm's, daß sie heut' noch beim Verlobungsfest Ihrer Fräulein Tochter hier erscheint.

FROH. Mann, Engel, wenn du das könntest –!

SCHLANKEL. Gehen S' einkaufen und verlassen Sie sich auf mich![86]

FROH. Schön, schön, Sdilankel, Herzensschlankel, ich verlass' mich ganz auf Ihn. Zur Seite ab.

SCHLANKEL allein. Triumph, daß ich dem seine schwache Seite hab'; die andern über 'n Daum' z' drehn, is für mich ein G'spaß. Zur Mitte ab.


Quelle:
Johann Nestroy: Gesammelte Werke. Ausgabe in sechs Bänden, Band 3, Wien 1962, S. 83-87.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Flucht in die Finsternis

Flucht in die Finsternis

Robert ist krank und hält seinen gesunden Bruder für wahnsinnig. Die tragische Geschichte um Geisteskrankheit und Tod entstand 1917 unter dem Titel »Wahn« und trägt autobiografische Züge, die das schwierige Verhältnis Schnitzlers zu seinem Bruder Julius reflektieren. »Einer von uns beiden mußte ins Dunkel.«

74 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon