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[276] Titus. Constantia von der Seite links.
CONSTANTIA. Ah, das lass' ich mir gefallen. Die Gärtnerkleidung hat so etwas Bauernhaftes und Ihr Exterieur ist ja ganz für das edle Jagdkostüm geschaffen.
TITUS. Wenn nur mein Exterieur in der gnädigen Frau dieselben gnädigen Ansichten erzeugt; ich fürchte sehr, daß ein ungnädiger Blick von ihr mir den Hirschfänger entreißt, und mir Krampen und Schaufel in die Hände spielt.
CONSTANTIA. Sie trauen mir sehr wenig Einfluß im Hause zu. Mein verstorbener Mann war hier Jäger, und meine Gebieterin wird gewiß nicht glauben, daß ich immer Witwe bleiben soll.
TITUS. Gewiß nicht; solche Züge sind nicht für lebenslänglichen Schleier geformt.
CONSTANTIA. Gesetzt nun, ich würde mich wieder verheiraten, zweifeln Sie, daß die gnädige Frau meinem Mann einen Platz in ihrem Dienste verleihen würde?
TITUS. Der Zweifel wäre Frevel.
CONSTANTIA. Ich sage das nicht, als ob ich auf Sie Absichten hätte –[276]
TITUS. Natürlich, da haben Sie keine Idee –
CONSTANTIA. Ohne etwas zu verreden, sage ich das nur, um Ihnen zu beweisen, daß ich die Macht habe, jemanden eine Stelle auf dem Schlosse zu verschaffen.
TITUS beiseite. O rabenschwarzer Schädel, du wirkst himmelblaue Wunder!
CONSTANTIA. Mein seliger Mann –
TITUS. Hören Sie auf, nennen Sie nicht den Mann selig, den der Taschenspieler »Tod« aus Ihren Armen in das Jenseits hinüberchangiert hat; nein, der ist es, der sich des Lebens in solcher Umschlingung erfreut. Oh, Constantia! – Man macht dadurch überhaupt dem Ehestand ein sehr schlechtes Kompliment, daß man nur immer die verstorbenen Männer, die ihn schon überstanden haben: »Die Seligen« heißt.
CONSTANTIA. Also sind Sie der Meinung, daß man an meiner Seite –
TITUS. Stolz in die unbekannten Welten blicken und sich denken kann, überall kann's gut sein, aber hier ist's am besten.
CONSTANTIA. Schmeichler!
TITUS beiseite. Das sind die neuen metaphysischen Galanterien, die wir erst kriegt haben. Laut. Ich glaub', ich hör' wem im Vorzimmer.
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