Zehnter Auftritt

[542] Krautkopf, die Vorigen.


KRAUTKOPF welcher bei den letzten Worten aus der Seitentür rechts getreten ist, mit einem Schreibzeug in der Hand. Der pritschelt ja meinen ganzen Tisch an, was wär' denn das für a Art?[542]

LIPS. Ich hab' g'frühstückt.

KRAUTKOPF. Das tun die Knecht bei mir im Vorhaus! Zu Kathi. Ich glaub', du bist b'sessen, daß du den Burschen herein –

KATHI. Weil er Zahnweh hat.

KRAUTKOPF. Na ja, wickel ihn lieber gar in Baumwoll ein, den lieb'n Narr'n.

KATHI den Tisch abwischend. Wird gleich wieder alles sauber sein.

KRAUTKOPF. Weiter mit der Milchschüssel, da g'hört 's Tintenzeug her.


Stellt das mitgebrachte Schreibzeug auf den Tisch.


LIPS. Der Herr Justitiarius laßt sagen, die Herren sind schon da, und er wird gleich kommen mit ihnen.

KRAUTKOPF. So? komm, Kathi, wir gehn ihnen entgegen.

KATHI. Wem denn?

KRAUTKOPF. Den lachenden Erben des seligen Herrn von Lips.

LIPS erschrocken aufschreiend. Des seligen!? –

KRAUTKOPF. Na was is? was schreit Er denn?

LIPS. Der lipsische Tod geht mir so z' Herzen, 's war so ein lieber charmanter Mann.

KATHI. Ein herzensguter vortrefflicher Herr.

LIPS. 's is ewig schad.

KRAUTKOPF. Warum net gar, jetzt is halt um ein Narr'n weniger auf der Welt. – Den Schaden kann die Welt verschmerzen.

LIPS. Erlaub'n S' mir, er war –

KRAUTKOPF. Halt Er 's Maul, ich weiß's besser, was er war, er war ein Verruckter –

LIPS. Er war ein Zerrissener.

KRAUTKOPF. Nit wahr is's. Er war ein ganzer Dalk, darüber is nur eine Stimme. Komm, Kathi – und Er Zu Lips. bleibt da, zur Bedienung bei der Amtshandlung, wann die Herren was schaffen. Mit Kathi ab durch die Mitte.[543]


Quelle:
Johann Nestroy: Werke. München 1962, S. 542-544.
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