Auff eben denselben

[170] B.N.


Wie artig trifft der mensch doch mit den blumen ein/

Die heute prächtig stehn und morgen doch verschwinden!

Da lust und traurigkeit in stetem wechsel seyn/

Und sich die farben nur auff kurtze zeit verbinden.

Was arbeit kost es nicht/ eh man das dürre feld

Kan zu der nutzbarkeit der blumen tüchtig machen?

Was mühe steht es nicht/ eh wir die blinde welt

Und ihre phantasey recht wissen auszulachen?

Und wenn die blumen nun in vollem purpur stehn/

Und hier die lilien/ dort silberne narcissen/

Und da die tulipen mit samen schwanger gehn/

So wird die gantze pracht durch wind und sturm zerrissen:

So wenn wir kaum den schaum der erden angeblickt/

Und erst die balsam-krafft der bücher angerochen/[170]

So wird uns durch den tod der kluge kopff verrückt/

Und unser leben so wie blumen abgebrochen.

Drüm zieht ihr traurigen die müden thränen ein/

Weil unser wesen doch nicht eher kan bestehen/

Als biß wir endlich auch wie dürre blätter seyn/

Und unsre glieder so wie blumen untergehen.

Der todte tritt nunmehr in himmels-garten ein/

Und wie die blumen sich verdoppeln in der erden;

So wird er/ weil er nicht kan irrdisch fruchtbar seyn/

Im himmel allererst zur vollen blume werden.

Quelle:
Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte erster Teil, Tübingen 1961, S. 170-171.
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