9.

[60] Du schwarze Nacht, die du die Welt umfangen

Hast überall mit Furcht und Tunkelheit,

Schämst du dich nicht, wann meiner Liebsten Wangen

Sich lassen sehn mit ihrer Zierlichkeit?

Ihr Sternen auch, dörft ihr von oben schauen

Und in der Luft so ganz stehn unverwendt,

Wann ihr das Licht der schönesten Jungfrauen,

So biß zu euch gen Himmel reicht, erkennt?

Wie möget ihr nicht also bald verbleichen,

Wann sich der Glanz leßt sehn mit solcher Pracht?

Aurora selbst, die pfleget ihr zu weichen,

Daß sie für ihr auch schamroth wird gemacht.

Quelle:
Martin Opitz: Ausgewählte Dichtungen, Leipzig 1869, S. 60.
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Weltliche Dichtungen
Weltliche und geistliche Dichtung, hrsg