Der andere Act

[62] Cupido. Venus. Apollo.


Cupido.


Was suchet ihr,

O Königin der schönen Frauen?

Wollt ihr nach Rosen schauen,

Nach Lilien zu eures Häuptes Ziehr?

Nein, liebste Mutter, nein.


Venus.


Was wird es dann wol seyn,

Mein Kind, das mir gebricht?


Cupido.


Wol Lilien noch Rosen nicht:

Adonis liegt euch in den Sinnen.

Und wo ein schöner Hirte sunst,

Die Ursach einer neuen Brunst,

Mag angetroffen werden können.


Venus.


Du kleiner Bösewicht.


Cupido.


Seht ihr den Gott auß Delos nicht?


Venus.


Was wird hernach doch auß dem Himmel werden?

Gehn jetzt doch fast die Götter gantz uff Erden.


Apollo.


Erzehle, du berühmbter Schütze,

Worzu sind dir die Pfeil' und Bogen nütze?

Ist ein grimmes Thier,

Das du meinest umbzubringen,

Oder auch gedenckst du, dir

Einen Drachen zu bezwingen?


Cupido.


Zwar Python ist durch meine Hand,

Apollo, nicht entleibet worden,

Jedennoch ist bekandt,

Was ich für Thaten thue.

Ich bin so wol in deinem Orden,

Bin auch ein Gott wie du.


[63] Apollo.


Das weiß ich wol; doch wann dein Bogen

Wird von dir abgezogen,

Machst du sehend Andern Wunden,

Oder triffst du auch verbunden?


Venus.


Im Fall du ja wilt wissen,

Apollo, was mein Sohn

Erwiesen hat im Schiessen,

So höre nur hiervon.

Was neben uns Neptun im Wasser sage,

Und über uns der Jupiter;

Geh' unter uns zum Pluto hin und frage,

Alsdann komm wider her.


Apollo.


Weil Himmel, See und Erden

Und was darunter lebt,

Von dir gezwungen werden,

Weil dir nichts widerstrebt,

So zeige man mir doch noch einen Himmel an,

Noch einen Erdenkreyß, in dem ich frey seyn kan.


Cupido.


Ich wuste wol, du würdest mich verlachen,

Und daß ein Kind bey dir nichts gilt,

Du grosser Schütz und Todt der grimmen Drachen;

Halt mich für närrisch, wie du wilt.


Apollo.


Erzörne dich so sehr nicht über mir,

Cupido mein, o wende Gnade für;

Wilt du mir ja mit deinem Bogen lohnen,

So wolltest du des Hertzens doch verschonen.


Venus.


Du wirst wol sehn, was du gethan,

Wann auß dem Schertzen Ernst entstehet,

Wirst sehen, was mein Söhnlein kan,

Wiewol es bloß und blind hergehet.


Cupido.


Bring' ich dem stoltzen Hertzen

Nicht Angst und Todtes-Pein,

So will ich nicht dein Kind mehr seyn.


[64] Venus.


Du empfindest billich Schmertzen,

Eyferst billich, lieber Sohn.

Gieb ihm seinen rechten Lohn,

Daß er möge noch erfahren,

Was deine Macht und seine Hoffart thue;

Du wirst hier keiner Kräfften sparen.


Cupido.


Ich habe weder Rast noch Ruhe,

Biß ich mich recht an ihm gerochen

Und mit dem Bogen hier,

Den er verhöhnt zur Ungebühr,

Ihm seinen stoltzen Muth gebrochen.

Gar gerne thue ich's nit, das ich soll von dir gehen,

Ich bleib' auch, wo mir's wirdt geschafft;

Doch Rache, die man an läßt stehen,

Verleurt durch Saumung ihre Krafft.


Venus.


Geh immer hin in Zeiten

Und denck auff Rach' und List;

Dann wann du zornig bist,

So hat man ohn Gefahr dich nit an seiner Seiten.

Ich kan allhier in dessen bleiben,

Und umb den grünen Waldt

Die Zeit vertreiben;

Hernach, so bald

Du her kömpst, will ich mit dir hin

In unsern Himmel ziehn.

Wer von der Lieb' ist franck und frey

Der mag wol billich frölich leben,

Doch schau er zu, daß er nicht sey

Der Hoffarth allzusehr ergeben.

Er laß' uns unverlacht;

Diß ist der Schluß, den hat mein Son gemacht,

Der Abschied, den er spricht.

Fühlt ihr gleich Lieb' anjetzund nicht,

So kan doch bald ein Stündlein kommen,

In dem durch ihre Pein

Euch Muth und Hertze wird benommen.

Alsdann wird Amors Macht

Euch nicht verborgen seyn,

Die ihr anjetzt verlacht.


[65] Chor der Hirten.


O, du kleiner, nackter Schütze,

Wann der Bogen, den du spannst,

Giebet solche Liebes-Hitze,

Daß du Götter fällen kannst,

Was dann wirst du nicht, o Kind,

Uns thun, die wir Menschen sind?


Unser Hertze muß sich kräncken,

Unsre Sinnen sind betrübt,

Wann wir an den Jüngling dencken,

Der sich in sich selbst verliebt;

Der verlohr die Menschen-Art,

Und zu einer Blumen ward.


Aller schönen Nymfen Hertzen

Brannten gegen ihm für Pein,

Aber er ließ ihre Schmertzen

Ohne Trost und Hoffnung seyn.

Zwar sehr groß war seine Zier,

Doch der Hochmuth gieng ihr für.


Eine starb in Liebes-Orden,

Gar zu tieff durch ihn versehrt,

Die hernach ein Schall ist worden,

Den man nach uns ruffen hört;

Aber Amors grimme Macht

Straffte solche strenge Pracht.


Wie er sonst hatt' euch versehret,

O ihr Nymfen, für der Zeit,

Also ward er jetzt bethöret

Durch sein' eygne Zierlichkeit,

Biß er noch sein Ende nahm

Und in Zahl der Kräuter kam.


Laßt uns ja uns selbst nicht lieben,

Bild' ihm niemand zu viel ein,

Will er sich nicht selbst betrüben

Und in Furcht ohn' Hoffnung seyn:

Wündsch' ihm weder Weib noch Mann,

Zu erfahrn, was Amor kan.


Quelle:
Martin Opitz: Weltliche und geistliche Dichtung, Berlin und Stuttgart [1889], S. 62-66.
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