|
[34] Den Kolben gab ein Narr seim Herren.
Es was auf ein Zeit ein Edelman, der het ein Narren, der was im lieb. Er macht im ein hübschen lidern Kolben und sprach zů im: ›Nar, disen Kolben gib niemans, er sei dan nerrischer, dan du bist!‹ Der Nar sprach Ja.
Nun es fügt sich uff ein Zeit, das der Edelman kranck ward. Der Artzet kam allen Tag zů im und besache in, und wan er dan von im gieng, so fragten in die Frau und die Knecht, wie im der Her oder der Juncker gefiel; so sprach er dan: ›Er würd faren, er bleibet nit.‹ Der Nar stůnt darbei und hort die Wort, die der Artzet zů der Frawen und zů den Knechten ret. Und wan er dan hort sagen: ›Der Juncker würt faren, er bleibt nit‹, so lieff der Nar dan yn den Stal zů den Pferden und lůgt, ob man die Pferd auch sattelt, und zů dem Reißwagen und lůget, ob man in auch rüste und uffmutzt. Da er darzů kam, sahe er nichtz.[34] Und wan dan morgens der Artzet widerumb kam und widerumb von dem Junckern gieng, da fragten in des Junckers Knecht und sein Hußfrau aber, wie es umb in ein Gestalt het und wie er im gefiel. Der Artzt sprach zů den Knechten und zů der Frauwen: ›Haben Sorg zů im! Er würt nit bleiben, er würt fahren.‹
Der Nar lieff aber umb und lůgt, aber er kunt kein Rüstung sehen, und gieng selber zů dem Herren und fragt in: ›Her, sie sprechen, du wöllest faren, du bleibest nit. Wie lang wiltu ußbleiben, ein Jar?‹ – ›O lenger, lieber Gese!‹ ›Zehen Jar?‹ – ›O, lenger. Ich weiß nit, wie lang‹. – ›Nun sihe ich kein Uffrüstung in dem Hoff. Darumb wil ich dir meinen Kolben geben, wan du bist vil nerrischer als ich. Wan solt ich so lang uß sein, ich wolt etwas dorthin schicken, darvon ich zů leben het und nit Mangel lit. Darumb so hab du dir nun den Kolben! Er gehört dir von Rechtz wegen zů.‹
Der Edelman der nam die Wort uff und besseret sich und macht sein Testament und Selgerecht und rüstet sich zů faren, das er ein Kind der ewigen Selikeit war. Da hat Got auch durch den Narren geret.
Ausgewählte Ausgaben von
Schimpf und Ernst
|