Von Schimpff das 48.

[36] Ein Nar urteilt zů bezalen mit dem Klang.


Es kan auch etwan ein Nar ein Urteil finden, das ein Weisser nit finden kan. Es schreibt Johannes Andree von einem Narren: Es kam uff einmal ein armer Man, ein Betler in eins Wirtz Hauß, da was ein groser Braten an dem Spiß. Der arm Man het ein Stück Brotz, das hůb er zwischen den Braten und das Feür, das der Geschmack von dem Braten in das Brot gieng; da aß er dan das Brot. Das thet der arm Man, biß das er kein Brot me het; da wolt er hinweg gon. Der Würt hiesch im die Urten. Der arm Man sprach: ›Ir haben mir doch nichtz zů essen noch zů trincken geben. Was sol ich bezalen?‹ Der Wirt sprach: ›Du hast dich gesettigt von dem Meinen, von dem Geschmack des Bratens; das soltu mir bezalen‹. Sie kamen mit einander an das Gericht, da ward die Sach uffgeschlagen biß uff ein andern Gerichtztag.

Da was der Gerichtzherren einer, der het ein Narren daheim, und ob dem Tisch da ward man der Sach zů Red. Da sprach der Nar: ›Er sol den Wirt bezalen mit dem Klang des Geltz, wie der arm Man ersettiget ist worden von dem Geschmack des Bratens.‹ Da nun der Gerichtztag kam, da bleib es bei dem Urteil. Das Urteil fand der Nar.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 36-37.
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