Von Ernst das 252.

[160] On Lust wolt einer essen, verzweiflet.


Jacobus de Vitriaco schreibt von einem Man, der satzt im für, Got zů dienen und sich selber von der Welt ziehen, von aller Kurtzweil und weltlichen Dingen, und meint; er wolt kein Lust me uff Erden weder in Essen noch in Trincken hon. Da er sahe, das er nit kunt essen und trincken on Lust, da kam er in Verzweiflung und meint, er möcht nit selig werden.[160]

Das was falsch. Es spricht nit on Ursach der Weiß: (Eccl. 7. Noli esse nimis iustus) ›Du solt nit zů vil gerecht sein.‹ Wan es ist nit ein kleine Anfechtung und ein kleine Muck in dem Habermůß, sunder ein grose Brem des Feinds, sich wöllen hüten vor allen Dotsünden. Die da inen machen ein Conscientz umb ein jeglich Ding, kumen zů dem letsten in ein irrige Conscientz und wissen weder uß noch yn und glauben keinem Beichtvatter nichtz, er sei wie gelert, wie erfaren er wöl. Und was er inen sagt oder rat, so ist ir Duncken uff der Suppen die best, und die gesaltzest, und die andern müssen alle unden ligen und haben die Beichtsucht. Gedenck in dich!

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 160-161.
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