Von Ernst das 443.

[261] Periklis erdocht ein Sinn, das er nit rechnen dorfft.


Zů Athenis was ein weiser Man, der hieß Periclis, der het ein Vettern, seins Brůders Sun, der was ein kleiner Knab, und ward ein groser weiser Man daruß und hieß Alchibiades. Und die von Athenis wolten ein grose steine Brucken machen und erwelten disen Periclis zů einem Buwmeister, das Gelt ußzůgeben und zů bestellen, was not wer zů dem Buw. Da nun die Bruck gemacht was, da hetten die Herren im Rat gern gewüßt, was der Buw het gekost, und sprachen, er solt Rechnung geben, was er als het ußgeben. Periclis kunt kein Rechnung geben, wan er het nichtz angeschriben, und was fast leidig und forcht die groß Schand, die über in würd gon. Der Alchibiades fragt in, warumb er also trurig wer. Periclis sprach: ›Du kanst mir nit helffen.‹ Er sprach: ›Wer weiß? Sagen es mir!‹ Periclis sagt es im. Da sprach Alchibiades: ›Künnen ir kein Sach erdencken, das ir nit bedörfft rechnen und der Rechnung vergessen würd?‹ Der Periclis dacht der Sach nach und bewegt dem Rat ein Krieg wider die Feind, und ward er der Hauptman und hielt sich so redlich, das der Rechnung vergessen ward. Dis schreibt Franciscus Petrarcha in libro de vita solitaria.

Also solt ein Mensch gedencken, das er hie vor dem Priester rechnet, das er dort der Rechnung überhebt wer vor Got, als Sant Paulus spricht: (1. Cor. 11. Si nos diiudicaremus, non iudicaremur.)

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 261.
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