Von Ernst das 686.

[384] Ein Junckfrau fand ein Fingerring von Christo Gespons.


Es schreibt Johannes von einer Junckfrawen, die was in einem Dorff daheim nit weit von Nürnberg. Die hielt allein Huß und het ein Garten, da zoch sie Krut in, das aß sie, und het ein Ků, davon lebt sy und gieng allemal in die Stat Nürnberg zů Predig und het Got lieb und dient im also in Reinikeit und verhieß Christo ir Junckfrauschafft und nam in zů einem Gemahel. Und leid grose Anfechtung von dem bösen Geist, aber je me die Anfechtung zůnam, je me sie gesterckt ward. Item sie ward angefochten, das sie gern ein Zeichen het gehebt, ob sie Christus het angenumen für ein Gespons oder nit. Umb Sant Martins Tag da was sie in irem Garten und begert ein Zeichen, und gedacht: ›Nun wolan, du wilt in den Winckel sehen, ob du etwas Zeichen findest.‹ Und da sie also dar sicht und sůcht, so findet sie drü Violen daselbst. Sie was fro, brach sie ab und behielt die. Dan es was ein groß Zeichen umb Sant Martins Tag Violen in dem Garten finden, die in dem Mertzen wachsen sollen.

Item nach einer Zeit da fieng sie an zweiflen, ob die Violen selber weren gewachsen, und begeret von Christo ein ander Zeichen der Gemahelschaft. Uff ein mal was sie in dem Garten, begeret aber ein Zeichen und gedacht: ›Du wilt nun in disen Winckel sehen.‹ Als sie da sůcht, so fint sie ein gewunden Ringlin mit einer Trüw. Da ward sie fro, stieß es an, da was es irem Finger eben recht.

Spricht der obgemelt Lerer, das er disen Fingerring hab gesehen, er wiß aber nit, was es für ein Matery sei gewesen, dan von wolgereintem Silber.

Quelle:
Johannes Pauli: Schimpf und Ernst. Teil 1. Berlin 1924, S. 384-385.
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