[145] Obwoln nun D. Faustus vermeinet, es könne ihm hinfüro nichts mehr mangeln, alldieweiln er einen so getreuen Diener an dem Geist habe, hat es doch gleichwol nach und nach an einem und dem andern ermangeln wollen. Denn die baren Mittel von der Verlassenschafft, seines vor etlichen Jahren verstorbenen Vettern, hatten nunmehro ein Ende, und war von disem allen, ausser der Behausung, in welcher er wohnete, und etlichen Wiesen und Feldern, weniges mehr überig, wegen vielen Spielens und Panquetirens, darzu er sehr geneigt war.
Weßwegen er mit seinem Mephostophile Raht hielte, wie er doch andere Mittel an Statt der verlornen, haben und erlangen möchte, damit er eine bessere Haushaltung anstellen und führen köndte; denn eben um der Ursach willen, sagt er, daß er in diesem Leben ein gutes Leben haben, und ihme nirgends etwas abgehen möchte, habe er sich dem Teuffel ergeben, u.s.f.
Der Geist sagte hierauf: Mein Herr Fauste, gib dich zu frieden und beschwere dein Gemüt nicht mit der gleichen kummerhafften Gedancken, sorge doch hinfüro für nichts mehr, ich bin ja dein Diener, dein getreuer Diener, und so lang du mich haben wirst, solst du keinen Mangel an irgend etwas haben: darum solst du nicht sorgen noch trachten, [97] wie deine Haushaltung möge fortgeführet werden, weiln du weniges Einkommen hast, und das andere fast aufgezehret ist; denn wenn du nur Schüssel, Teller, Kannen und Krüge hast, so hast du schon übrig genug; für Essen und Trinken aber darffst du nicht sorgen, ich will dein Koch und Keller seyn: dinge nur keine Magd, die es vielleicht verrahten möchte, aber einen Famulum und Jungen magst du wol haben: ingleichen Gäste und gute Freunde, die dir Gutes gönnen, und deß Deinigen bishero zimlich genossen, die magst du wol einladen und beruffen,[145] und mit ihnen frölich und gutes Mutes seyn.
Daß nun dieses Anerbieten deß Geists dem D. Fausto erfreulich müsse zu hören gewesen seyn, ist wol zu glauben: allein er wolte fast darob zweiflen, weßwegen er auch zum Geist sprach: Mein lieber Mephostophiles, ich muß doch gleichwol fragen, wie und woher willst du solches alles überkommen?
Der Geist lächelt hierüber, und sagt, darfür sorge du nur nicht, aus aller Könige, Fürsten und grosser Herren Höfen kan ich dich sattsamlich versehen; an Kleidern, Schuhen und anderm Gewand, solst du auch keinen Mangel leiden: darum was du Abends und Morgens verlangest und haben wilst, das verzeichne und lege die Verzeichniß auf den Tisch, daß ich sie hole, und dieses zu rechter Zeit verschaffe.
Dessen erfreuete sich D. Faustus gar sehr, und thäte dem also, verzeichnete zur Stunde die Kost nebens einem guten Trunck zweier oder dreyerley Wein-Gewächse, um zu sehen was er für einen Artus-Hof haben würde.
[98] Abends um sieben Uhr wurde ihm hierauf zum erstenmal der Tisch gedecket, auf welchen denn der Geist ein zierlich-verguldtes Trinck-Geschirr setzte; welches D. Faustum veranlaste seinen Mephostophilem zu fragen, woher doch diß schöne Trinck-Geschirr komme? Deme er bald antwortete, er solte davon nicht fragen, er habe ihm dieses in das Haus verehret, dessen solte er sich ins Künfftige bedienen. Worauf Faustus schwiege, sahe auch zugleich, daß Semmeln und anders mehr auf dem Tisch lage, ja nicht lang hernach sechs oder acht Gerichten, welche alle warm und auf das Beste zu bereitet gewesen, wie ingleichen die Weine, auf dem Tisch gestellet wurden.
I. Wenn bey manchem das Gütlein durch Spielen, Fressen und Sauffen, und tägliches Wolleben ist durchgebracht worden, gleichwie allhie bey D. Fausto, kommt man alsdenn in die Armut, und weiß weder hinter sich noch vor sich, darinn steckt mancher und manche sehr tieff, und ist mit Schulden hart beladen, wird daher betrübt, melancholisch und traurig, und weiß sich doch weder zu helffen noch zu rahten. Bey solchem Zustand pflegt ihnen der Teuffel nachzustellen, verheisset ihnen[146] grossen Reichthum, wenn sie sich ihme ergeben wollen, hat auch manche dahin gebracht, daß sie sich ihme ergeben, und in seinen Bund getretten seynd, und diß aus Antrieb der Armut.
August. Lerchheimer im Bedenken von Zauberey c. 19. schreibet von einer armen Wittib, daß sie hab bekennet, sie sey also darzu kommen, daß sie in einem Wald gegangen, Holtz zu holen, und da sey der böse Geist in Gestalt eines Försters zu ihr kommen, und hab sie gefragt, warum sie so traurig sey, ob ihr der Mann gestorben? Darauf sie ihm mit Ja geantwortet. Er hab aber weiter gefragt: Ob sie ihn nemen, und ihm gehorsam seyn wolle, so wolle er ihr Gelds genug geben, und hab sie mit vielen Worten überredet, daß sie darein gewil[99]liget, und Gott ab und dem Teuffel zugesagt, darauf hab er sie gebuhlet. Er sey aber nach vier Wochen wieder zu ihr kommen, und hab ihr einen Besen dargereicht, darauf sey sie mit ihm geritten auf eine in der Nähe gelegene Hayden zum Tantz, darbey noch 10. andere Weiber gewesen, unter denen sie mehr nicht als zwo gekennet. Weiter er zehlet er von einem Weib, das sehr traurig, auch zornig über ihren Mann gewesen, der Ursach wegen, weil er ihr das Geld verspielt gehabt; sie sey aber in Unmut hinaus in den Weingarten gangen, da ihr Unterwegs ein schwartzer Mann begegnet, der sie getröstet und ihr verheissen, er wolle ihr Gelds genug geben, wenn sie seinen Willen thun wolte. Sie hab sich überreden lassen, hab GOtt ab und ihm zugesagt, hab mit ihm Unzucht getrieben, und von ihm einen Schos voll Geld bekommen, welches aber bald zu Hafen-Scherben worden.
In unserer Nachbarschafft, spricht M. B. Waldschmid, Pyth. Endor. p. 37. soll sich begeben haben, wie es erzehlet worden, daß ein armes Weib aus ihrem Ort und Haus betrübt und traurig sey hinaus gangen aufs Feld, und hab sich sehr bekümmert, wo sie ihr Friedens Geld, welches ihr mit ehestem zu bringen auferleget worden, hernehmen solte, weil sie keine Mittel gewust. Es sey ihr aber ein Mann begegnet, der hab sie gefragt, warum sie so traurig sey? Dem hab sie ihr Anligen, wegen Mangel deß Frieden-Gelds, geklagt, darauf er gesprochen: wenn sie ihm folgen und seines Willens leben würde, so wolte er ihr so viel Geld geben. Als sie sich nun lang gewehret, habe er sie doch endlich dazu beredet, daß sie es gethan, sich ihm in seinen Willen ergeben, und hierdurch sey sie Anfangs, wie sie bekennet hab, zur Zauberey kommen.
II. Zum andern, wegen der Wollust deß Fleisches, daß er nur in dieser Welt gute Tage und alles vollauf haben möge, ergibt sich mancher dem bösen Geist, wie D. Faustus auch gethan welches er allhier selbsten bekennet, zu dem Ende gethan zu haben.
[147] Mancher ist dem Fressen und Sauffen, Schlemmen und Demmen so ergeben, daß er nicht nachlassen kan, so lang ein Kreutzer übrig bleibet, es haben gleich Weib und Kinder zu brocken oder zu beissen, ja wenn kein Geld mehr vorhanden ist, kommt man an die Kleider und Hausrath, versetzet und verpfändet, so lang etwas da ist; wenn aber zu letzt nichts mehr vorhanden ist, und man dem Schnabel soll abbrechen, so fällt man in Kleinmütigkeit, und will vergehen. Da kommt denn etwan [100] ein alte Hexe, und gibt Raht, wie man die Sach soll angreiffen, oder es erscheinet wol der böse Geist selbst und verheist einem solchen Menschen ein tägliches Wolleben, und das nimmt er denn willig und gern an, begibt sich gar ins Teuffels Dienst, nur damit er deß verheissenen Wollebens immerdar geniessen möge. Zu welchem Wolleben denn auch sonderlich gehöret die Unzucht und Geilheit, als wordurch ihrer sehr viel in diese schwere Sünde gerathen seynd.
Man sagt sonst Sprichworts-Weise: junge Huren, alte Hexen; denn die Hurerey stürtzet viel in die Hexerey, und wo der Teuffel Unzucht, Geilheit, und ungebürende Liebe gegen andere Leute mercket, da freuet er sich, gesellet sich zu einem solchen Menschen, und hat Gewalt über ihn, Tob. 6, v. 17. und ist wol eher geschehen, daß, wo er gemercket, daß eine Mannsperson, ihm ein Weib oder Jungfrau so tieff ins Hertz gebildet hat, Unzucht mit derselben zutreiben, oder im Gegentheil ein Weib mit einer Mannsperson, da ist er wol solchen in Gestalt derselben Mann- oder Weibsperson erschinen, und hat ihn oder sie durch verdamliche Unzucht in seine Stricke gebracht.
Jenes junge Weib warff ihren Sinn und Hertz auf eine schöne Mannsperson, mit derselben ungebürlicher Liebe zu pflegen; darauf erschiene ihr der Teuffel auf dem Feld in Gestalt derselben Mannsperson, und verrichtet das jenige mit ihr, worzu sie ihre böse Lust getrieben hatte, und machte sie hernach vollends zu einer Hexen. Ein fast dergleichen klägliches Exempel erzehlet M. Zeiller, Hist. 1. Theatr. Tragic. folgendes Innhalts. Es lebte vor Jahren zu Lyon in Franckreich ein Leutenant über die Schaarwacht der Stadt Namens La Jacquiere, der wegen seines unzüchtigen Lebens sehr beschryen war. Einsmals begab es sich, daß er bei der Nacht auf der Gassen, zwischen eilff und zwölff Uhren, zu andern fünff seiner Gesellen, so mit ihm herum giengen, sagte: er wisse nicht, was er geessen habe, so erhitzt sey er, also, daß, wenn ihm auch der Teuffel begegnete, er ihme doch nicht entrinnen solte, er hätte denn seinen Willen mit ihm vollbracht.
So bald er diß geredt hatte, wird er gleich in einer Gassen, nahend der Saone oder Araris-Brucken, eines adelichen Weibsbilds gewar, welche wolbekleidet, mit einem Laggeyen, so eine Laterne truge, schnell fortgieng,[148] und sich stellte, als ob sie sich nicht lang auf der Gassen aufzuhalten hätte. Der Leu[101]tenant verwunderte sich, daß er so spat eine Dame, so wol gebutzt, auf der Gassen alleine mit einem Laggeyen antreffen solte, eilet ihr derwegen nach, grüste und befragte sie, wo sie so spat hinaus wolle? Die Dame machte eine tieffe Reverentz, thut ihr Visier hinweg, grüst den Leutenant auch, und zeigt ihm an, daß sie bey einer ihrer Befreundin zu Nacht gessen, und sich so lang verweilet habe, der Leutenant wurde wegen ihrer schönen Gestalt, und daß sie ihn so freundlich ansahe, gleich in Liebe entzündet, und erbot sich deßwegen, sie nach Haus zubegleiten, sonderlich dieweil er von ihr verstehet, daß ihr Mann nicht zu Haus sey. Die Dame bedanckt sich dieser Courtoisie und Höflichkeit halber, und gehen also diese beyde einen zimlichen weiten Weg miteinander, und werden von den obgesagten fünff Wächtern begleitet, von welchen der Leutenant drey hinweg schicket, und allein zween, als seine Vertrauteste, bey sich behalten thut.
Da sie nun zu der Dame Haus, so nahend dem Castell Pierre Cise, am Ende der Stadt Lyon, gegen Paris zu, gelegen, kamen, zoge der Laggey einen Schlüssel aus dem Sack, mit welchem er aufsperrte. Dieses abgelegen einschichtige Haus hatte zwo Gaden Höhe, die obern zwey Zimmer waren allein zum Holtz und andern dergleichen Sachen gebaut: unten aber war ein Saal, und eine daran stossende Kammer. Im Saal stunden zwey Bette, deren Decken von gelben Taffet, die Tappezereyen und Vorhänge aber von gelben Sarge accomodiret und zugerichtet waren. Und ob es wol im Julio; gleichwol weiln sich ein kalter Wind erhebt hatte, befahle die Dame dem Laggeyen ein Fagot oder Wellen anzuzünden. Unterdessen setzten sich diese Leut, ein jedes in einen Sessel, und fähet den Leutenant an, der Dame seine Lieb und grosse Passion zu verstehen zu geben, mit inständiger Bitt, Mitleiden mit ihm zu haben, und solchen geneigten Willen ihme nicht zu versagen.
Die Dame entschuldigt sich Anfangs mit ihrer Ehre, vermeldet auch, daß die Männer heutigs Tags sehr untreu seyn, und wo sie etwas von den Weibern zu wegen bringen, sie solchen Favor alsobald allenthalben publiciren und ausruffen, deßwegen so könne sie ihm nicht willfahren. Der Leutenant verheist ihr mit einem Schwur, daß er solchen Favor keinem Menschen entdecken wolle, und daß er bereit sey, sich ihrentwegen in die äusserste Gefahr zu begeben. Die Dame bewilligt [102] endlich in sein Begehren, und führet ihn in die nächste Kammer, in welcher ein Bett von gleichen Zeug, wie im Saal, zu gerichtet war.
Nach vollbrachter That, bate der Leutenant auch vor seine beyde Gesellen, welche er seine beste Freunde nennet: dessen die Dame übel[149] zu frieden war, und sagte, ob er meine, daß sie eine Wölffin seye, welche sich einem jeden frey geben solte; sie hätte es ihme nicht zugetraut, daß er vor die Gnade, die kein Mensch auf Erden, ausgenommen ihr Mann, von ihr habe zu wegen bringen können, also solte undanckbar seyn, und indeme sie das sagte, stellete sie sich, als wolte sie hinweg gehen, er aber hielte sie mit grosser Bitt, hertzete und umfieng sie: und nachdem er abermals seinen verfluchten Willen mit ihr vollbracht hatte, fieng er wieder an, vor seine beyde Gesellen zu bitten, und unter andern auch dieses zu vermeldten, daß zu befürchten sey, wenn sie ihnen diese Gnad abschlagen werde, daß sie die Sach allenthalben offenbaren und ausschreyen möchten. Die Dame gibt endlich, wiewol dem Ansehen nach, sehr ungern ihren Willen darein, und werden die zween dessen vom Leutenant verständigt, welche sich auch nicht lang bitten lassen, weiln sie ein solches vermeintes Glück nicht um ein Königreich gegeben hätten.
Nachdeme sie nun also alle drey ihre vermaledeyte Begierden ersättiget hatten, und wieder im Saal beysammen waren, fiengen sie an, sich über der Dame Schönheit zu verwundern. Einer lobte die Stirn, der Ander die Augen, der Dritte ihre schöne gelbe Haar und so fortan; die Dame aber stunde vom Sessel auf, und sagte zu ihnen: ihr vermeint wol etwas gewaltiges erjagt zu haben, aber der Gewinn wird so groß nicht seyn, als ihr gedenckt. Mit weme vermeint ihr wol, daß ihr zu thun gehabt? Die drey erbare Gesellen erschracken alsobald ob solcher Rede, und wusten nicht was sie antworten solten: doch sagt der Leutenant endlich: mein Frau, ich glaube, daß wir mit der adelichsten und schönsten Dame, die da leben mag, zuthun gehabt haben: und wer diß laugnen wolte, der müste seiner Augen und seines Verstandes beraubt seyn.
Ihr seyd betrogen, antwortet sie, und so ihr wüstet wer ich wäre, so würdet ihr anderst reden. Ich will mich euch entdecken, und sehen lassen, wer ich bin. Und indem sie das sagte, hub sie ihr Gewand auf, und ließ diese drey das allerab[103]scheulichste heßlichste Aas sehen; und verschwand darauf mit samt dem Haus wie ein Blitz, und bliebe nichts übrig, als eine verfallene Mauer von einem alten Gebäu, dahin man den Mist und allerley Unflat zu tragen pflegte.
Der Leutenant und seine beyde Gesellen seynd darüber vor Schrecken zu Boden gefallen, und mehr als zwo Stunden also, wie die Schweine im Koth ausgestreckt verblieben. Endlich finge einer unter ihnen an zu respiriren, und seine Augen aufzuthun, und da er den Mond am Himmel sihet, sich zu becreutzigen, und GOtt um Gnade zu bitten. Und indeme er also sich beklaget, schickt es sich, daß einer mit einer Latern[150] dahin kommet, seine Nothdurfft zu verrichten: welcher, da er jenen klagen höret, vor Schrecken davon laufft, und es in den nächsten Häusern anzeiget. Die Nachbauren lieffen zu, und dieweil gleich der Tag anbrach; erkanten sie den Leutenant, welcher auch anfing zu athemen, und Göttliche Hülff anzuruffen, unter deß der dritte, sonder Zweiffel vor Furcht, allbereit gestorben war. Man truge sie alle drey, wie sie waren, voller Gestancks und Unflats, ein jeden in sein Logement, und wurde der Verstorbene begraben, den beyden aber gab man einen Beichtvatter zu, davon der Leutenant deß andern Tages starb: der dritte aber lebte bis auf den vierdten Tag, welcher deß gantzen Handels Verlauff hernach offenbarte.
III. Zum Dritten, möchte jemand allhier nicht unbillich anstehen, und gedencken, es könne ja nicht seyn, daß Mephostophiles dem D. Fausto also gedienet, und ihm Speis und Tranck nach seinem Verlangen und Begehren zugetragen habe; und so dieses schon geschehen wäre, so wäre doch solches alles nicht natürlich gewesen, u.s.f.
Welches aber gar wol seyn kan und mag; denn der Teuffel ist ein hurtiger und sehr geschwinder Geist, schwinget sich in einem Nu und Augenblick, von einem Ort zu dem andern, ja gleichwie der Plitz vom Anfang zu dem Niedergang fähret, also geschwind ist er an Stätten und Orten. Wie wir dessen ein Exempel beym Propheten Daniel haben, da der gute Geist den Habacuc bey den Haaren erwischet, und ihn zu dem Propheten Daniel geführet, damit er gespeiset und geträncket würde.
Darum es den öffters geschehen, daß die Zauberer durch ihren Geist, auf Zulassung und Verhängniß GOttes, diesem oder jenem Herrn dieses oder jenes aus der Kuchen und Keller [104] genommen, und einem andern, der es verlanget, zugeführet haben. Zu dem, so hat ja D. Faustus nicht vom Lufft leben können, es muß alles natürlich hergangen seyn.
Es meldet Philippus Melanchthon, massen es Manlius in seinen Collectaneis erwehnet, wie daß einsmals der Abbt von Spanheim, Johannes Trithemius, welcher ein berühmter und erfahrner Schwartzkünstler gewesen, mit andern gereiset, nach Anzeigung Wilibaldi Pirckameri, und in eine Herberg gekommen, allwo weder zu beissen noch zu brechen ware, und verlangte doch etlichen unter der Gesellschafft nach einem guten Gericht Hechte, sprachen schertzweise zu dem Abbt: Ehrwürdiger Herr, verschaffet, allhier etwas, und lasset die gantze Gesellschafft eurer Kunst geniessen. Der Abbt klopffte hierauf mit dem Finger an das Fenster, und befahl, mit allerehesten eine gute grosse Schüssel voll gesottener Hechte zu bringen, welches auch bald hernach geschehen,[151] dessen sie alle miteinander erfreuet worden, und wol gesehen, daß es kein Blendwerck gewesen.
Diese Kunst konte auch ein Abbt zu Fulda, Erlolffus genannt, der verreiste einsten durch Bretten, nicht weit von Heydelberg gelegen. Als er nun auch mit etlichen von Adel in einer Herberg eingekehret, da wolte ihnen daselbst der Wein nicht schmecken, und als sie von dem Wirth einen bessern begehret, kein besserer aber vorhanden war, befahl der fromme Abbt seinem Geist eine Flaschen guten Weins bringen, welches auch bald geschahe, doch daß es der Wirth, der gleichwol in der Stuben zugegen ware, nicht vermerckete.
Der Abbt brachte von solchem Wein dem Wirth ein Glas zu, und sprach zu ihm: Ey wie möget ihr sagen, daß ihr keinen bessern Wein habet, versuchet hier euren Wein. Da diesen der Wirth kostete, und doch nicht sahe, daß ein anderer als der seinige wäre geholet worden, verwunderte sich höchlich darob, kunte nicht ersinnen wie solches zugegangen: aber die Diener und andere die mit am Tische gegessen, wusten wol was der Abbt durch seine Kunst zu wege zu bringen vermochte.
Pasetes ist ein solcher Schwartzkünstler gewesen, wie von ihm die Griechischen Scribenten bezeugen, daß er einsmals auf einem Nachtmahl die allerköstlichen Gerichte zu wegen gebracht: eben dieses meldet man von einem Domherrn, Johannes Teutonicus genannt. Imgleichen von dem Famulo deß [105] D. Fausti, Christoph Wagner, Antonio Moro zu Halberstadt, und andern mehr.
Woher aber nimt der Teuffel, Wein, gesottene Hechte, und dergleichen? Erschaffen kan er sie nicht, so muß er sie gewiß anders woher nemen: etwan aus einer herrlichen reichen Kuchen und Keller. Da etwan der Koch den Fisch hat angerichtet, daß man ihn auftrüge, ist er ihm plötzlich entzucket worden, daß er nicht gewust wo er hingekommen ist; also auch der Wein. Dessen zu einem Beweis schreibet unter andern Lerchheimer im Bedencken von Zauberey c. 8. f. 19. also:
Zu O. am Rhein haben etliche Edelleute ihre sonderliche Höfe, allwo sie einziehen, wenn sie in die Stadt kommen. In deren einem, genannt der Fr. Hof, hielte ein Burger Hochzeit. Da die Gäste nun zum Abendmahl kommen waren, und zu Tische sassen, und man die Fisch kochete, die nun solten vom Feuer genommen und angerichtet werden, sihe da fällt ein hefftiger Wind zum Schlot oder Schornstein, ingleichen zu den Fenstern und zu der Thür hinein, wehet alle Liechter aus, stürtzet den Kessel über dem Feuer um, daß es erleschet: dessen sie denn alle, die in der Kuchen zugegen waren, erschracken, wie leicht zu erachten. Als sie nun wiederum zu sich selbst kommen, die Liechter[152] aufs neue angezündet und gesuchet, wo die Fische wären; ist nicht ein Grädlein Fisch gefunden worden. Wohin werden denn diese Fische anderst kommen seyn, als zu einem Zauberer, der etwan Gäste geladen, und nichts auf sie zugerichtet hat?
Wie man denn auch in oberwehntes Wagners Historia lieset, daß er bey angestellter Gasterey, zu einem Fenster immer eine Schüssel nach der andern herein genommen und aufgesetzet, daß sich seine Gäste verwundern müssen, wo das herrliche Essen herkommen möchte; wie er auch an die Wand mit einem Stabe geschlagen, ist ein Jüngling heraus kommen, der zween guldene Becher in seiner Hand getragen, darauf deß Türckischen Käisers Namen und Wapen gestanden; aus der andern Wand war eine Jungfrau kommen, mit einem gantzen Korb voll schöner, kunstreicher, güldener und silberner Trinckgeschirr, darunter vieler Fürsten und Herren Namen und Wappen, sonderlich deß Königs in Hispanien und Franckreich waren, (vide Hildebrand. in Goet. p. 73.).
Das alles denn sein Meister Auerhan, der leidige Teuffel, mit schneller Herzubringung der Tractementen aus Päpst[106]lichen und Königlichen Küchen, der Trinckgeschirr aus Käiserl. und Königl. Silber und Schatzkammern, durch GOttes Zulassung, zu Werck richten und præstiren können.[153]
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