14. Vergib

[127] Wilt du/ wie sichs gebürt/ mit deinem nähsten leben

In ungefärbter lieb'/ vnd ohne falschen schein/

In warer brüderschafft/ wilt du ein Christe seyn/

Wilt du mit zuversicht/ vnd ohne knechtisch beben

Zu Gott in seinen thron dein hertz' vnd stimm' erheben/

Vnd er dich hören sol/ wilt du der höllen pein

Entfliehen/ so must du (wie Christlich ist vnd fein)

Dem nähsten bald vnd gern/ ja schlecht vnd recht vergeben?

Bald; daß dich nicht der tod mit schrecken übereile/

Gern; daß dir auch der Herr vergebe deine feile/

Schlecht; daß sich dein hertz' auch kan geben zu der ruh/

Recht; daß der Herre nicht die falscheit seh' vnd räche/

Drumb/ wilt du/ daß dich Gott von sünden ledig spreche/

So thu dem nähsten/ was du wilt/ das dir Gott thu.

Quelle:
Deutsche Literatur, Reihe Barock, Erg.-Bd., Leipzig 1939, S. 127-128.
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