In einem fremden Park

[516] Borgeby-Gård


Zwei Wege sinds. Sie führen keinen hin.

Doch manchmal, in Gedanken, läßt der eine

dich weitergehn. Es ist, als gingst du fehl;

aber auf einmal bist du im Rondel

alleingelassen wieder mit dem Steine

und wieder auf ihm lesend: Freiherrin

Brite Sophie – und wieder mit dem Finger

abfühlend die zerfallne Jahreszahl –.

Warum wird dieses Finden nicht geringer?


Was zögerst du ganz wie zum ersten Mal

erwartungsvoll auf diesem Ulmenplatz,

der feucht und dunkel ist und niebetreten?


Und was verlockt dich für ein Gegensatz,

etwas zu suchen in den sonnigen Beeten,

als wärs der Name eines Rosenstocks?


Was stehst du oft? Was hören deine Ohren?

Und warum siehst du schließlich, wie verloren,

die Falter flimmern um den hohen Phlox.


Quelle:
Rainer Maria Rilke: Sämtliche Werke. Band 1–6, Band 1, Wiesbaden und Frankfurt a.M. 1955–1966, S. 516-517.
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Neue Gedichte - Der Neuen Gedichte anderer Teil.
Insel Taschenbücher, Nr.49, Neue Gedichte