[243] Dises kan gesungen werden auf die Weise des alten Lides: O Welt, ich muß dich lassen, etc.
1.
Komt her, Ihr Menschenkinder,
Komt her, Ihr freche Sünder,
Komt her und höret an,
Waß die dort müssen leiden,
Welch' hier von Gott sich scheiden
Und die kein Warnung schrekken kan.
[243]
2.
Komt, gehet mit zur Höllen,
Da wil Ich Eüch vorstellen
Die allerschwehrste Pein,
Dergleichen nicht zufinden,
Ja die nicht außzugründen,
Wie groß und hart Sie werde sein.
3.
Du sprichst: Mein Mund wil essen!
Der Speis' ist hie vergessen,
Dich hungert ewiglich;
Dich dürstet auß der mahssen,
Kein Tropf ist hie zufassen,
Nur Pech und Schwefel sättigt dich.
4.
Du suchest schöne Kleider
Und saubern Schmuk: ach leider
Dein Rok ist lauter Mist!
Es schlagen tausend Flammen
Recht über Dir zusammen
Und bleibst doch nakkend, wie Du bist.
5.
Kein Häuser darfst Du hoffen:
Der Höllenpfuhl steht offen,
Der gibt Dir willig raum.
In disen wühsten Gründen
Ist lauter nichts zu finden
Alß eitler Unflat, Koht und Schaum.
6.
Du wünschest alß auf Erden
Dort hochgeehrt zu werden:
O welch' ein eitler Wahn!
In disem Jammerlande
Bringt man Dir Spott und Schande
Für Ehr und Ansehn auf die Bahn.
7.
Wer solte Dich auch ehren,
Wer könte doch vermehren
Dein Lob in solcher Pein?
Bist du doch auß dem Orden
Der Kinder Gottes worden
Des Satans treüer Schlav' allein.
8.
Du kanst dich nicht gesellen
Zu denen, die sich stellen
So frisch alß in der Welt:
Dort weis man nur zu sagen
Von Teüfeln, die dich plagen
In ihrem Mord und MarterZelt!
9.
Es werden dich verfluchen,
Ja dich zu quählen suchen
Die, welche du verführt:
Sie werden grausahm schreien
Und gahr zu späht berewen,
Daß sie dem Satan so hoffiert.
10.
Die täglich hier gesoffen,
Einander angetroffen
An manchem leichten Ohrt,
Die werden dort sich reissen,
Ja wie die Hunde beissen
Und sich zerschlagen fohrt und fohrt.
11.
Die sich bei guhten Tagen
Mit Reiten, Fahren, Jagen
Recht lustig hier gemacht,
Die müssen heülend sitzen,
Bald frieren und bald schwitzen,
Den da wird keiner Lust gedacht.
12.
Hie kan uns leicht bewegen
Ein Schmertz, daß wir uns legen
Und schreien: O der Pein!
Wie kan die Gicht uns kränken!
Wie kan der Schlag verrenken
Das Haupt, wie martert uns der Stein!
13.
Waß wird den in der Höllen,
Wo häuffig sich gesellen
Die Plagen allzumahl,
Für Pein sich lassen finden?
Ach! Satan wird verbinden
Angst, Jammer, Trübsahl, Noht und Quahl.
14.
Es werden dort dein' Augen,
Die zuverletzen taugen
Hie manches liebes Kind,
Viel Thränen zwahr vergiessen,
Doch wird es Sie verdriessen,
Daß sie nicht sind gewesen blind.
15.
Es werden dort dein' Ohren,
Die hie den leichten Choren
Der Huhren zugehört,
Das Heülen, Knirschen, Dräuen,
Das Fluchen, Schmähen, Schreien
Alßden auch hören gantz verstört.
[244]
16.
Du wirst für Stank vergehen,
Wen du dein Aaß must sehen:
Dein Mund wird lauter Gall'
Und Höllenwermuht schmekken,
Des Teüfels Speichel lekken,
Ja fressen Koht im finstern Stall.
17.
Es wird die Gluht Dich brennen,
Die Teüfel werden trennen
Dein' Adern, Fleisch und Bein:
Sie werden Dich zerreissen,
Sie werden Dich zerschmeissen
Und ewig deine Henker sein.
18.
Ach Gott! den wird man bitten:
Nun bärstet in der Mitten,
Ihr Berg', und nemt uns an!
O Marter, Jammer, Brennen!
Wol dem, der dis erkennen
Und in der Zeit sich bessern kan!
Buchempfehlung
Der Teufel kommt auf die Erde weil die Hölle geputzt wird, er kauft junge Frauen, stiftet junge Männer zum Mord an und fällt auf eine mit Kondomen als Köder gefüllte Falle rein. Grabbes von ihm selbst als Gegenstück zu seinem nihilistischen Herzog von Gothland empfundenes Lustspiel widersetzt sich jeder konventionellen Schemeneinteilung. Es ist rüpelhafte Groteske, drastische Satire und komischer Scherz gleichermaßen.
58 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.
428 Seiten, 16.80 Euro