Gottseliges Morgen-Lied

[270] Für alle Christliche Hausvätter, Hausmütter, Kinder und Gesinde.


1.

Die Nacht ist nun verschwunden

Mit ihrer Tunkelheit,

Die Sonn' hat überwunden

Des Schlaffens stille Zeit.

Ihr helles Licht bestrahlet

Den runden Erdenkloos,

Den nur die Lufft bepfahlet:

Gott, deine Macht ist groß!
[270]

2.

Wie kan Ich gnug erheben,

HERR, deine Güht und Treü?

Du fristest Mir Mein Leben,

Dein' Hülff' ist täglich neü.

Du hast Mich so beschützet

In der vergangnen Nacht,

Daß Ich nicht bin beschmitzet

Durch Satans grosse Macht.


3.

Dir hab' Ichs, HERR, zu danken,

Daß Ich erhalten bin

In sichrer Wolfahrt Schranken.

Ach nim das Opffer hin,

Das Opffer Meiner Zungen.

Das dir zu Dienste steht:

Drauf sei dir Lob gesungen,

So weit der Himmel geht.


4.

Verzeih' es Mir aus Gnaden,

Was Ich mißthan an dir;

Behühte Mich für Schaden,

Bleib' heut' und stets bei Mir.

Was du Mir hast gegeben,

Gesundheit, Ehre, Guht,

Dazu Mein armes Leben,

Das steh' in deiner Huht.


5.

Dir wil Ich das befehlen,

Was Mir zum liebsten ist,

Mich aber selbst vermählen

An dich, HERR Jesu Christ!

Gib, daß Ich ja für Sünden

Mich hühten diesen Tag,

Auch selbst Mich überwinden

Und dir vertrauen mag.


6.

Dein' Engel müssen bleiben

Zur jeden Zeit bei Mir

Und alles Unglük treiben

Sehr weit von Meiner Thür'.

HERR, gibst du Mir von oben

Glük, Ruh' und Sicherheit,

So sol Mein Hertz dich loben

Hier und in jener Zeit.


Quelle:
A. Fischer / W. Tümpel: Das deutsche evangelische Kirchenlied des 17. Jahrhunderts, Band 2, Hildesheim 1964, S. 270-271.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Aischylos

Die Orestie. Agamemnon / Die Grabspenderinnen / Die Eumeniden

Die Orestie. Agamemnon / Die Grabspenderinnen / Die Eumeniden

Der aus Troja zurückgekehrte Agamemnon wird ermordet. Seine Gattin hat ihn mit seinem Vetter betrogen. Orestes, Sohn des Agamemnon, nimmt blutige Rache an den Mördern seines Vaters. Die Orestie, die Aischylos kurz vor seinem Tod abschloss, ist die einzige vollständig erhaltene Tragödientrilogie und damit einzigartiger Beleg übergreifender dramaturgischer Einheit im griechischen Drama.

114 Seiten, 4.30 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon