Scena prima.

[224] Perseus, hernacher Didas.


PERSEUS mit einem frölichen Gesichte. Nun Perseu / gehabe dich woll / sey frölich vnnd wolgemuth / pflege vnd wahrte deines Leibes / laß alle Melancoley Traurigkeit vnd Bekümmernusse fahren / Lebe nunmehr fortahn in steten freuden / nach dehm du dich nicht allein an deinem leichtfertigen Bruder deinem wünsche vnd begehren noch tapfer hast gerochen / in dehm er wie ein Verkaufter vnd leibeigener Schlave den hochmütigen Römeren alse ein Geisel vnd Bürge ist übergeben / besonderen weil du auch daß Hertz deines Herren Vaters gantz vnnd gahr in deine Gewaldt gebracht hast.

O allergütigste Fortuna / O mildtreiche Göttinne / womit sol ich doch immermehr die grosse guttahten mir von dir so mannigfaltig erwiesen / gnugsahm danckbahrlich vergelten? Nunmehr mag ich mich kühnlich einen Beherscher vnd Monarchen des Macedonischen Reichs rühmen / sintemahl ich daß Hertz / Sinn / vnd Gemühte meines Herren Vaters nunmehr gentzlich in meinen Henden habe: Zwahr er ist ein König / regieret aber doch nur dem Nahmen nach / ich aber binß warhafftig mit der That. Denn kein eintzige Sache ist mir jemahls in mein Hertz kommen / die nicht so baldt ich sie nur dem Könige eröffnet / jhren gewünscheten Fortgang erreichet. Meine Wohrt / bedencken vnnd Anschlage vermögen viel mehr bey jhme / alse die spitzfündigste Consilia seyner verstendigsten favoriten / Hoff vnd Kammerrähte. Ob zwar ein jedwedder bekennen muß / daß meinem Herren Vettern Antigono kein eintziger am gantzem Hofe zuvergleichen / sondere Klugheit Dapferkeit[224] dabenebenst auch erfahrenheit betreffend / vnd ob schon der Statthalter Poris wegen seynes hohen Verstandes bey dem Könige zu jederzeit in trefflichem Ansehen vnd gnaden gestanden / so haben doch jhre Raht vnd Anschläge / welche die Wolfahrt meines Brudern concernierten / durchauß keinem Platz beym Köninge erlangen vnnd vberkommen können / angesehen der König meinem bedencken so grossen glauben zugemessen / daß er der ändern Consilia gantz vnd gahr hat hindan gesetzet. Jch habe meine affecten dadurch contentiret, vnnd meinem langgewünscheten begehren ein völliges genügen gethan / angesehen / mein Bruder Demetrius hat weichen / vnd alles daß / so jhm Lieb / hinter sich lassen müssen. Dannenhero ich mich billig für den allerglückseligsten Printzen / so jemahls gelebet hatt / mag schetzen vnd rühmen. Vber daß alles bin ich noch von einer viel grösseren vnnd vollenkommeren glückseligkeit versichert / in betrachtunge der frölichen Ankunfft / meines getreuesten freundes / des Didæ, Königlichen Obristen vnd Hofemeisters / welchen ich ohnlengst an die allerschönsten Eudociam habe abgefertiget / gelebe der gäntzlichen Hoffnung / er werde sie leichtlich zu meinem willen beredet haben / weilen derjenige / welcher sie vormahls so hefftig geliebet / nemlich mein verrähterischen Bruder Demetrius / nunmehr von hinnen geschieden / vnd wie ich verhoffe / nicht so leicht vnd bald wiederümb anhero gelangen wird. Ach was werde ich alßdan ein glückseliges / frisches vnd freudenreiches Leben führen Didas gehet ein. Wan ich die allerschönste Creatur der Welt / allem meinem begehren nach werde besitzen vnd vollenkömlich geniessen! Aber sich da mein getreuwster Didas ist bereits verhanden.

DIDAS. Durchleuchtigster Printz gnedigster Herr / die Götter verleihen E[wer] D[urchleuchtigkeit] gesundtheit vnd langes Leben.[225]

PERSEUS. Die Götter erfüllen diesen Wunsch / Aber Herr Obrister sagt bald was guter Zeitung bringt jhr mir?

DIDAS. Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / E[wer] D[urchleuchtigkeit] gnedigstem begehren / auch meinem selbsteigenen gegebenen anschläge nach / habe ich nicht vnterlassen bey der schönsten Eudocia anzuhalten / ob ich dieselbe gegen E[wer] D[urchleuchtigkeit] in liebe vnd hertzliche affection könte entzünden / ist aber leider leider / mir vnglückseligen gantz vnd gahr vnmöglich gewesen (wie sehr ich mich auch bemühet /) daß geringste bey jhr auß zurichten.

PERSEUS erschrickt hefftig. Was saget jhr Herr Obrister / ists wol müglich das die Jungkfrauw Eudocia mir jhre Hulde vnd Gunst so gantz vnd gahr solte versagen?

DIDAS. Durchleugtigster Printz / ich bezeuge bey den vnsterblichen Göttern / daß / ob ich woll allen müglichen fleiß angewandt die Eudociam von dem leichtfertigen Demetrio abzuwenden / es bey jhr doch nichtes anders gewesen / alse predigt ich einem Tauben: Denn zu dehme / daß sie nicht auff höret / daß abwesen jhres liebsten Demetrij zu beklagen / so schreyet sie noch alle augenblick ümb raach / vnd ruffet an alle himlische vnnd hellische Götter / sie wollen ja die ursacher jhres elendes nicht vngestraffet lassen / welches mich denn zuletzt hefftig verdrossen / so das ich auch davon gangen / vnd sie jhr jämmerliches lamentiren vnd heulen habe jmmer hin continuiren lassen.

PERSEUS wird sehr zornig. Was höre ich Dida / was saget jhr / darff sich die schändliche Bestia gelüsten lassen mich zu verfluchen vnd zu vermaledeien? Nimmermehr werde ich solche grosse Verachtung Hohn vnd Schmach vngerochen[226] lassen. Meine hertzliche vnd einbrünstige Liebe / verkehret sich anitzo in den allergrimmigsten Zorn. O du mein adeliches Hertz Schlägt auff die Brust. laß fahren dieß schnöde vnd verfluchte Weibesbildt / sey bedacht auff eine sölliche Rach / die mit vnmenschlicher Grausahmkeit nicht kau noch mag ersettiget werden. O Zorn / Neidt / Haß / Grimmigkeit / Bößheit vnd Tyranney / kehret alle zugleich bey mir ein / biß ich meine Ritterliche Fauste in dem Bluhte dieser allerschändtlichsten Bestien möge gewaschen haben!

DIDAS. Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / E[wer] D[urchleuchtigkeit] wolle sich doch nicht so hart von zorn vnd Eifer bewegen lassen / angesehen es deroselben Gesundtheit hochschädlich sein möchte / nicht daß ich hiemit E[wer] D[urchleuchtigkeit] rahte / daß sie sich nicht auff daß grimmigste refensiren solte / vielmehr erbiehte ich mich deroselben mit Raht vnd That alle mügliche assistentz zu leisten / Damit sie jhre Lust vnde Freude an dem Vntergange aller jhrer Feinde / sonderlich aber dieser hoffertigen / jedoch nichtswürdigen Prötzel sehen vnd haben möge.

PERSEUS. Dida mein getrewster Freundt / eure grosse mir erwiesene Dienst / erkenne ich mit hohen vnd sonderlichen gnaden / ermahne vnnd bitte euch darbenebenst / jhr wollet mir stündlich die aller beste Consilia communiciren vnd mitheilen / wie diesem Wercke zu thun sey / versichere euch hiemit / daß solche euwre getreuwe Dienste vnd fleiß nicht vnvergolten soll bleiben.

DIDAS. Durchläuchtigster Printz / E[wer] D[urchleuchtigkeit] mit Leib / Leben / Gutt vnd Bluth zu dienen / erkenne ich mich so woll schuldig als willig / vnterthenigst bittent / dieselbe meinem wolgemeinten Raht nur fleissig nach kommen / vnd folgen wolle. Anlangent nun der Eudociæ hartigkeit / ist nicht allein die stetige vnd hertzlich Liebe / so sie so[227] bestendiglich zum Printzen Demetrio träget / deroselben einzige vnd blosse vrsache / besonderen vielmehr die sonderbahre affection vnd Zueignung / jhres Vateren Poridis vnd jhres Bruderen Alexandri, die sie zu allen vnd jeden Zeiten gegen dem leichtfertigen Demetrio haben blicken lassen / dieselbe nun thun die Eudociam (welche ohne daß den Narren an dem Demetrio gefressen) ohne vnterlaß ermahnen / sie wolle ja jhres Liebhabers nimmermehr vergessen / dabenebenst so rühmen vnd preysen sie jhn vber alle andere Printzen / so je von Macedonischen geblühte entsprossen / vnnd daher entstehet in jhr eine so hefftige Liebe gegen Demetrium, vnnd im gegentheil ein so vnversöhnlicher Haß gegen E[wer] D[urchleuchtigkeit] Derowegen / so muß nun E[wer] D[urchleuchtigkeit] dahin bedacht sein / wie sie nicht allein die vngetreuwe Eudociam / Besondern auch jhren Vater vnd Bruder grimmiglich straffe / ja gentzlich vertilge vnd außrotte.

PERSEUS. Ja wahrlich Herr Obrister / jhr redet hieran die eigentliche warheit / vnd muß ewren anschlage billig nachgelebet werden. Will demnach ich nunmehr nicht auff hören / biß ich dieses böshaffte vnd verrähterische Gesindlein auff daß grewlichste habe hinrichten lassen. Den Statthalter Poridem betreffent / habe ich den selben (aldieweil ich vorlengst vermercket / daß er mir in vielen Sachen nicht weinig zu wiederen gewesen) bey meinem Herren Vater in eine ziemliche disgratiam gebracht / habe nun sehr gute gelegenheit schleunigst fohrt zufahren / vnd den König jmmer mehr vnnd mehr gegen jhn zuverbitteren / damit ich zuletzt vber jhn vnd alle die seinigen triumphiren möge.

DIDAS. Durchleuchtigster Printz / gnedigster Herr / der allerbeste Rath vnd Anschlag welchen ich E[wer] D[urchleuchtigkeit][228] in dieser wichtigen Sache weiß zu ertheilen / ist dieser: Daß sich E[wer] D[urchleuchtigkeit] stündtlich zu jhrer Königl[ichen] Maystät hinein verfüge / deroselben des Stadthalters grosse vntrewe vnd Bubenstücke zu erkennen gebe / vnd jhn gantz hertiglich verklage / so will ich darauff gleich ohnversehnlich herzu kommen / vnd überreden jhre Majestätt / daß der Statthalter Poris vnd sein Sohn Alexander, mit Demetrio vnd den Römeren in grosser correspondentz vnd vertrauwligkeit stehen / zu mehrer bekreftigung aber dieser schweren beschüldigung / will ich erdichtete schreiben / so sie vntereinander gewechselt her vorgeben / auß welchem denn der Konig öffentlich sehen soll / wie hoch seine / Persohn Königlicher Statt vnd gantze Regierung periclitire, vnd durch solche schelmische practiquen in gefahr gesetzet werde. Jch versichere E[wer] D[urchleuchtigkeit] das so baldt Jhre Könnigl[iche] Mayestät einer so abscheulichen Verrähterey werden innen werden / müssen Poris vnd Alexander mit höchsten Schanden vnd ewiger Schmach Jhr Leben laßen / wird sie auch jhre grosse Macht vnd Reichthumb im wenigsten helffen können.

PERSEUS ümbfehet Didam. O mein allergetrewster vnd liebster Freundt / Glückselig vnd abermahl glückselig muß die Stunde sein / in deren jhr mir so klugen vnd nützlichen Rahtschlag habt mit getheilet / ich will solcher ewrer trew in ewige ewigkeit nicht vergessen / aber lasset vns Augenblicklich hinein eilen / diesen hochnützlichen Vorschlag inß werck zu richten. Sie gehn ab.


Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 224-229.
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