Erstes Zwischen-Spiel.

[286] Degenwerth / ein versuchter / gelehrter /verständiger und muhtiger Soldat kommt erstlich auf den Schauplatz / bald nach ihme zween Bauren /als Drewes Kiekintlag / und Beneke Dudeldey / nach ihnen kommt der Korporal / Hans Hun mit Drewes seinem Weibe / Göbbeke genant / die tantzen miteinander / immittelst tritt der ergrimmte Sausewind auff den Platz / und lauffen die andern alle davon / außgenommen Degenwerth / mit welchem Sausewind etwas weniges redet / und plötzlich wiederum abtritt / worauf Junker Reinhart komt / welchem Degenwerth die fürtreffliche Eigenschafften deß Sausewindes beschreibet und erzehlet.


DEGENWEHRT. So gehets! Ein Tag folget dem andern / und die liebe Zeit laufft dahin / ehe und bevor wir Menschen es selber recht vernehmen oder glauben können. Jch habe mich schon sechzehen gantzer Jahre beym Kriegeswesen auffgehalten / in welcher Zeit ich manchen sauren / auch wol[286] manchen guten Tag zum End gebracht / viel gesehen / viel gehört und erfahren / bin aber nunmehr deß Soldaten-Lebens so müde / als hätte ichs mit Leffeln gessen / wünsche demnach von Hertzen / daß ich einmahl möge zur Ruhe kommen / und der Süssigkeit deß hochverlangten lieben Friedens würcklich gemessen / zu welches Wiederbringung gleichwol bey dieser Zeit dem schier gar zu Grunde gerichteten / krafftlosen Teutschlande sehr gute Hoffnung wird gemachet / wie denn auch viel hundert tausend Seelen auß innerster Begierde ihrer Hertzen täglich darnach seufftzen. Jch zwar höre hin und wieder darvon murmeln / daß der längestgesuchte Friedenschluß nunmehr gefunden / und ehest offentlich soll außgeruffen / ja der gantzen Welt kund gemachet werden: Mich soll aber zum höchsten wunderen / was doch unser Oberster Feldherr / der Blutdürstige Mars (mit welchem ich nebenst vielen andern Rittermässigen Personen neulich auß Franckreich wieder in Teutschland bin angelanget) zu diesem Friedenshandel werde sagen? Jch zwar halte mich versichert / daß Er sich über dieser Zeitung zum allerhefftigsten entrüsten / und seinem alten Gebrauche nach mit fluchen / schelten / donneren / schreien und dreuen sich demselbigen eusserst widersetzen werde. Aber / was wird Er endlich damit außrichten: Jch sage weniger denn nichts. Eine unaußsprechliche Thorheit ist es / dem im Himmel gemachten Göttlichen Rathschlusse widerstreben wollen / es muß doch gehen / wie es dem Allerhöhesten wolgefällt / und wünsche ich nochmahlen von Hertzen / daß wir des hochtheuren güldenen Friedens schon völlig möchten geniessen. Es hat sich schon vorgedachter unser General[287] Feldherr / der Kriegesbegierige Mars / aller duten Gunst / wie auch stattlicher Beforderung gegen mir erboten; Jch mag aber solcher seiner Beförderung nicht abwarten / habe auch keine Lust dieselbige anzunehmen / es pfleget offt mißlich mit derselbigen herzugehen / und gedeiet dieselbe manchem ehrlichen Manne zu seinem zeitlichen und ewigen Verderben. Jch zwar dancke meinem GOtt / daß ich in meiner Jugend so viel gelernet / daß ich auch ausserhalb Kriegesdienstes ehrlich leben / und mich zu andern nützlichen Verrichtungen in wolbestalten Regimentern rühmlich kan gebrauchen lassen / deswegen ich auch bey Herantretung des lieben güldenen Friedens / den mühseligen Kriegs- harnisch gäntzlich abzulegen / und den edlen Schulsak (in welchem ungeachtet aller Spötter / Großsprecher / und Auffschneider Beschimpffung / unaußsprechliche Schätze verborgen liegen) wieder herfür zu langen / gantz und gar kein Bedencken trage / komme nur bald / edler Friede / und erfülle mein Verlangen!


Hie kommen auff den Platz zween Bauren / der einer heisset Drewes Kikintlag / der ander Beneke

Dudeldey / dieser spielt auff einer Sackpfeiffe oder Schalmey / oder Leire / oder was man dergleichen Bäurischer Jnstrument eins zum besten kan haben /jener aber / nemlich Drewes Kikintlag / singet darein folgendes Liedlein / wobey er zugleich tantzet und springet.
[288]

Lied des ersten Zwischenspiels.


Welches von den Bauren wird gesungen / gespielet und getantzet.
[289]

1.

Juchhei / juchhei / juch / wat geit id lustig tho /

Wann ick so wat schlenter

Hen nam Marcketenter /

Und versupe Hof und Schoo /

Dat füllt mi de Panssen /

So kan ik braaf dansen / ja dansen / ja dansen.


2.

Lüstig / Lüstig / Lüstig Benke leve Broer /

Laht din Ding ins klingen /

Kickintlag skal singen /

Wo he sinen Fencker schoer /

Als he Göbken Wife

Führig wul toh live / toh live / toh live.


3.

Kikint / Kikint / Kikintlag schneet ehm ein Gatt /

Achter in den Köller /

Hei / reep unse Möller:[290]

Drewes / worüm deist du dat?

Wo wart he die Hüden

Darvor wedder brüen? Ja brüden / ja brüden!


4.

Ne du / Ne du / Ne du Deef / dat hefft neen Noth / Kammeraten /

Buren und Soldaten

dat sünd gode Maaten / dat sünd

Wat? min Fenker ist ein Bloht:

He skal mit mi supen /

Edder sik verkrupen / verkrupen / verkrupen.


DEGENWEHRT. Das mag mir wol ein schöner Gesang seyn / auß welchem gleichwol zu muthmassen / daß diese Bauren mit den Soldaten in gar guter Vertrauligkeit leben / ist wol ein grosses Wunder / daß bey diesen elenden Krieges-Zeiten / die viel geplagte Land-Leute sich noch so frölich können erzeigen! Jch muß gleichwol ein wenig mit ihnen reden / um zu vernehmen / auß was Ursachen sie sich mit singen und spielen so lustig machen? Er spricht zu den Bauren. Glük zu meine Freunde / was habt doch ihr heute gutes getrunken / daß ihr so frölich seyd.

DREWES. Ja / Danck hebbet / geve usk Gott! Wat skulwe veele drunken hebben / als wor einen goien Söep Beer / ein Känneken Brannewin unde ein paar Stige Pipen Tobak / unde worümme skul wy nich lustig wesen? He gy Fründ? yd düret jo man use leve Dage. Juch / korasie / herüm unde ümme.[291]

DEGENWEHRT. Mein Freund / ihr scheinet wol ein lustiger Kompan zu seyn / aber / saget mir doch / wer hat das schöne Lied gemachet / welches ihr gleich ietzt in die Leire oder Sackpfeiffe habt gesungen?

DREWES. Wenn gy yd jo gerne weten wilt Junker / so hefft yd dysse redlike Kerl / de myn Naber unde myn Vadder ys / Beneke Dudeldey gemaket / ja Herr Junker / wat dünket uk dar wol by kan yd nich passeren?

DEGENWEHRT. Ja freilich kan es wol passiren / es muß dieser euer Nachbar wol kein gemeiner Mann seyn / dieweil er solche treffliche schöne Lieder weiß zu dichten.

DREWES. Ja wat skult nich ein braf Kerl wesen? dat lövet man Junker / Darmen hefft he im Koppe / he ys in usem Dorpe use bestellende Lülkenspeler / he ys use Lyrendreyer / he ys use Finckenfanger / he ys use Putzenmaker / he ys use Vördantzer / he ys use Rimer / he ys use Limer / he ys use Leedermaker / unde wenn de Stadtlüe herut kamet / unde höret synen künstigen unde kortzwiligen Schnack an / unde dat he so rimen unde limen kan / so seggen se / dat he ook ein Paut ys / dat vorstah wy nu hyr im Dorpe so even nicht /[292] wat dat vor Tüg ys / man dat segge ick yuw / Juncker / wenn he unde syn Mahte / Peter Loikam thohope im Kroge sitten / so hebbet se vaken solken Jacht / unde drivet sülke Putzen / dat man sick dar thohandes dul mag aver lachen / ja yd synd my Gäste / Juncker / sünderlik dysse Kumpen / Beneke / de kan Leeder maken / wenn he man will.

DEGENWEHRT. Nun / das muß ich sagen / so viel Künste hätte ich hinter diesem euerem Nachbarn mit keinem Knebelspiesse gesuchet / aber saget mir / ihr guten Leute / wie könnet ihr euch doch bey diesen elenden Zeiten / da ihr annoch unter dem schweren Contributions-Joche / und so vielen andern harten Kriegesbedrükkungen sitzet / gleichwol mit singen und springen so frölich und lustig erzeigen?

BENEKE. Schnik / schnak / schyht / scheet / wat hebben wy usk üm den Krieg tho schehren? Krieg hen / Krieg her / wenn wy in uses Krögers / Peter Langwammes / synem Huse man frisk wat tho supen hebbet / so mag yd gahn als yd geit / ein Skelm de dar nich alle Dage lustig unde goier Dinge mit ys.

DEGENWEHRT. Ohne allen Zweiffel erzeiget ihr lieben Leute euch deßwegen so frölich / weil ihr vernommen / welcher gestalt / durch sonderbare Göttliche Verleihung / Gnade und Barmhertzigkeit / dem Landverderblichen Kriegeswesen nun[293] bald wird seine Endschafft gegeben / und der güldene Friede dem hochbedrängten Teutschlande ehister Tage herwieder gebracht werden?

DREWES. Wat schnakke gy dar Munsör? skold Freede weren? Dat wul jo wol den Düvel hebben! Er stehet bestürtzet.

DEGENWEHRT. Freylich / mein lieber Freund / wird es / ob GOTT will / bald / bald in unserm Teutschlande Friede werden.

BENEKE. Dar behöde usk jo de leeve GOdt vör / Ja / so möchte wy seggen / dat wy use goien Dage alle hadt hadden.

DEGENWEHRT. Wie so mein guter Mann? wünschet ihr denn nicht von Hertzen / daß ihr bald bald mit dem güldenen Friede möget beseeliget / und das außgemergelte Teutschland dermaleins wiederumb erquikket werden / das kömt mir fürwar wunderlich vor!

BENEKE. Neen Junker / dat höre gy jo wol / kwul leverst / dat ik ein Skelm were / als dat ik dat wünschen skulle / dat yd Frede würde.

DREWES. Dat segge ik bym Elemente ok / myn leve Beneke-Vadder / welker Düvel wull sik uppet nie van usen Papen unde Beamten alle Dage wat wedder scheren unde brüden laten?[294]

DEGENWEHRT. Ey behüte mich der höhester GOtt / was höre ich? Wollet ihr elende Leute noch lieber unter den hefftigen Kriegespressuren leben / als unter eurer ordentlichen Obrigkeit in gutem Glükke / erwünschtem Friede und stiller Ruhe sitzen?

DREWES. Ys dat ok wol fragens wehrt Junker? Gy möhet (mit Vorlöf) jo wol ein dummen Düvel wesen / dat gy dat nicht vorstahn könet / Jm Kriege hebt yd de framen Hußlüe dusendmahl beter / als wenn yd Frede ys / dat syn wy nu eine tydtlang wol wyß worden.

DEGENWEHRT. Habet ihr bessere Sache zu Krieges- als Friedeszeiten? Jch sage noch einmal / daß ich gar nicht verstehe / wie das könte zugehn.

DREWES. Hört Munsör / wenn gy yd nich wehtet / so moth ik yd yuw seggen: Nu yd Krieg ys / unde dat use Ovricheit usk nichts tho befehlen hefft / de Kriegers usk ook so rechte veel nich mehr tho brüen unde tho scheren fahtet / wenn wy man dem Böversten unde den andern Affencerders unse Tribuergelder tydes genog betholen / so möge wy dohn[295] allent / wat wy wilt / dar möge wy so wol deß Sondages unde hillige Dages / als deß Warkeldages mit Wagen unde Pagen / Ossen unde Töten / Junges unde Deerens warken unde arbeiden / könt ok alle de Fyrdage / ahne grohte Versümnisse hüpsken in den Kroog gähn unde den heelen Dag lustig herüm teeren / tovören müste wy vaken deß Söndage Morgenß twe heele Stunde in der Karken sitten / dat einem de Ribben im Lyve weh deden / nu günne wy usem Kröger Peter Langwamß dat Geld / unde supen dar erst ein goth Oeselken Branwyn vör in de Pansse / dar kan man denn ein Vatt vull Spek unde Kohl up uth freten / dat einem de Buk davan quäbbelt. Unde wenn wy usk denn glyk mit Kannen unde Skrifhöltern im Kroge dicht wat herümmer kihlen / dat vaken ein groht Pool Blodes under dem Diske steit / so dröfe wy dar nich straks Bröke vör geven / alse wy ee Dages in fredenstyden dohn müsten. Use olde Ovricheit hefft nu GOtt loff so veel Macht nich / dat se eenen lahmen Hund uht den Aven künne lokken / unde use Pape hefft ook dat Harte nicht / dat he usk dat ringeste wohrt tho wedderen[296] secht / unde / wat hefft he ook veel tho seggen? Maket he doch averlanck sik sülvest rechtschapen lustig mede / unde plegt mannigen leeven Dag mit dem Feneker / Schreianten / Kapperahl / der Sülverngarfe / de in usem Dörpe ligt / unde wo de Skrubbers allmehr hehtet / bym Marketenter / edder ook by usem Kröger Langwams tho sitten / unde süpt / dat he Dörnsen unde Kameren vull spiet / all du dusent kranket / Junker / wat plegt yd dar braf her tho gahn / sünnerk wenn ik unde Beneke Vadder mit syner Lyren so Dag unde Nacht lüstig mit herdör davet / singet unde springet.

DEGENWEHRT halb lachend. Warlich ihr guten Leute / wie ich höre so kans nicht wol fehlen / ihr müsset bey diesen Kriegeszeiten ein recht säuberliches Leben führen.

BENEKE. Jk meene man Junker / wy föhren ein süvrik Leven / dat yd einem Minsken im Harten mag lüsten. Averst / dat segge ik yuw / Vadder Drewes hefft yd noch nich ins half vortellet / wo wy dörgaht. O wat plegge wy eine brafe Jacht mit den Wifern unde den Deerens tho hebben / sünnerken[297] wenn Se mit usk im Kroge sittet unde lahtet dat Hänneken üm den Kop gahn / unde singet denn: Laht Talken frie gahn / laht Trynen frie grynen / laht Liesken frie krießken / Ja / so meene Jk / spele wy erst Pulter alarm / dat ehnen de Rökke aver den Koppe thohope schlaht / denn so heet yd / Stroh vör dat Gatt / Meken dat dy / unde worüm skul wy ook mit dem Wifertüge nich wat jagt unde kortwyl hebben / man darff dar jo nene Bröke vörgeven / plegen uns doch de Soldaten by unsen Wiveren sülke putzen ook wol süm tyden tho maken?

DEGENWEHRT. Ach GOtt! wie führet ihr Leute ein Leben! Kaum kan ich es glauben / daß euch der edle Friede / dessen ihr euch selber so gar unwürdig machet / so bald soll wieder gegeben werden. Aber / meine Freunde / saget mir einmal / woher nehmet ihr doch die Mittel / welche ihr in solcher Leichtfertigkeit und üppigem Leben / mit huren und buben / fressen und sauffen verzehret?

DREWES. Wo / Gy sünd wol ein rechten dummen Düvel / Junker / dat gy dat nich wehtet! Staat dar nene Borne nog im Holte / de wy daal houen unde naar Stadt föhren köhnet?[298] Jk hebbe vaken in einer Weken so veel Holt affhakket unde vörköfft / dar Jck een halff Jahr de Contributie van geven könen / tho deme skulle wy nich so drade wat stehlen könen alß de Soldaten? Ja / ja Munsör / wy hebbet dat Musend jo so fix lehret / alß de besten Musketerers / wy dörfet jo man averlank uppem Passe / in der Buskasie / effte ook im Grafen liggen / unde luhren up / wenneer so vörnehme Affencerders, Kooplüde unde anner reisend Volck voraver thüt / wanne du Kranckt / wo plegen wy dar manck tho hagelen / dat se byr Sören edder bym Wagen dahl ligget / alß de Flegen edder Schniggen / dar make wy denn friske Buhte unde lahtet ehnen nicht eenen Faden an ehrem helen Lyfe / unde seht / Hunne unde Vösse möhtet ook jo wat tho frehten hebben / unde welker Düvel wehtet denn / effte yd Buhren edder Soldaten dahn hebben? Tho dem ook / staht is dar nichteen hupen Herenhüse / Amtstaven unde dergelyken Gebüwe leddig / dar men de Finster / Müersteene / Hauensteene / Dehlen / Balcken / Jserwark / unde wat süß noch nagelfast[299] ys / licht uthbreken / na der Stadt föhren / unde darsülvest vör halff Geld kan vörköpen? O! dar hebbe wy Hußlüde mannigen stolten Dahler van maket! Jn Sumniß Summarium / wy möget dohn / wat wy wilt / wy möget den Drooß by Tünnen edder by Küfen vull flöken / wy möget uns schlahn unde hahrtagen / dat yd men een Lust ys / wy möget mit den Wifern unde den Deerens nedden unde baven liggen / wy möget nehmen / wor wat tho kriegen ys / dar darf uns neen Düvel een Wohrt van seggen / wenn wy men tho seet / dat de Böversten eere Triebuergeld unde wat tho freten unde wat tho supen kriget / so geith yd im Krige dusendmahl behter her / alß do yd noch Frede was / neen / neen Junker / wil gy unse Fründ wesen / so last den nien Frede vanner Näsen.

BENEKE. Dat segg ick ook / Vadder Drewes / Jck wull leverst / dat se allthomahlen de Knüvel weg hahlen / de dar tho helpet / dat yd Frede skul werden / neen / neen laht yd dar men by blyven / alß yd all mannig leve Jahr her wesen ys /[300] use Oevrigheit skul usk / went Frede würde / wol uppet nie wat tho brüden unde tho scheren fahten.

DEGENWEHRT. O der grossen Blindheit / welche euch armseligen Leuten den Verstand so gar hat verfinstert und hinweg genommen / daß ihr auch Lust habet eure eigene zeitliche ja auch ewige Wolfahrt muthwilliger weise zu verhindern! Nun ihr ein wenig Linderung fühlet / in deme ihr unter der Contribution lebet / bey welcher steten Erlegung der Krieg nicht mehr so gar hefftig in Teutschland wird geführet / begehret ihr nicht einmal den unermäßlichen Schatz des Friedens zu erlangen / ja ihr wünschet vielmehr unter dem grausamen verderblichen Kriegeswesen beständig zu verbleiben / und zwar dasselbe eintzig und allein darumb / daß ihr nur euer Gottloses / Epicurisches Leben beharrlich fort treiben / und euch in allerley Sünden und Schanden wie die Säue im Schlam / wältzen möget / sind diese nicht schöne Früchtlein des teutschen Krieges zu nennen? Ach GOtt / erbarme dich über die grosse Sicherheit der Menschlichen Hertzen!


Unterdessen Herr Degenwehrt also redet / stehen die Bauren und sauffen einander auß einer grossen hötzernen Kannen lustig zu / trinken auch Tobak bey einer Lunten. Jn deme komt ein

Soldat oder Korporal herauß springen / führet des Drewes Kikintlags Frau bey der Hand / hertzet und küsset sie / hüpffet und tantzet mit ihr herumb und machet allerhand seltsame leichtfertige Possen / dieses ersiehet Drewes / der rufft mit lauter Stimme.
[301]

Wo nu thom Henker / Kappral / wo geit dat tho? wo daafe gy nich anners mit mynem Wive? Weht gy nicht / dat se wat goodes doon skal / mag dat nich ein betken ringer wesen? Jck löve / dat gy dul effte vull sid!

HANS HUN. Wie nau zum Zeufel / Herr Wirtz / mag ich eure Frau und meine Leibste nicht einmal kützen / dar skal sie nicht von sterben / soll Sie ein Kintz haben / wer weiß / wer der Vatzer darzu ist?

DREWES. Vaer tho wesen? dat haep Jck jo wol / dat ick dat bin / twul süß de störten kranckheit hebben / Segge du dar men de Wahrheit van myn leve Göbbeke Wif / bin Jck er nich Vaer tho unde skal dat Kind ook nich liffhafftichen uthsehn alß ick doh? hee du?

GÖBBEKE. Wo skult anners uht sehn / myn harten truten Drewes Vaer / Gy sünd yo myn rechte echte Gade / unde gy hebbet ook jo wol teinmahl mehr alß de Kapparaal by mick schlappen / dat weht gy ook jo sülvst wol?[302]

DREWES. Ja / wo skul ick dat nich wehten? darmit ysset denn jo nu klahr / unde dat ick de rechte lyfhafftige Vaer thom Kinne bin / nich so Münsor Kappral.

HANS HUN. O Ja / mein lieber Herr Wirtz / das Kindz soll Eur / die Frau soll mein seyn / so wahr ich Hanß Huhn heitze / ist das nicht so recht / Wöbbeke / dar seided ihr ja alle beidze mit zu friedzen?

DREWES. Jck wehter bal den Düvel van / wol heer een den annern wat brüet / wat dünckter dick hier by / Beneke Vadder?

BENEKE. Schnick / schnack / Jck dencke yd ys jo wol lyke veel / wem dat Kind tho höret / unde / süe dar Drewes / du draffst den Kapprael jo man tho Fadderen bidden / so ys he wedder brüet / he muht dick jo noch wol eenen halfen Dahler vaddern Geld geven.

HANS HUN. Bei Goss / das is wahr so bin ich redlich weider gescharen / nu Drewes / dat geiht frisch auff die neue Gefatzerschafft hin / da muß ich mit deiner und meiner Frauen noch einmal auff dansen / Ey Beneke / laze dinen Dudeldei ins klingen / ich muß einmal kradandi spielen: Juch holla / kradandi / kradandi / kradandi!


[303] Hans Huhn tantzet mit Wübbeken / Beneke spielet darzu / und Drewes singet folgendes Lied / die Kanne immer in die höhe haltend.


Anderes Lied

Deß ersten Zwischenspiels /


Welches von den Bauren wird gespielet / getantzet und gesungen.
[304]

1.

So geit ydt frisck toh / so geit ydt frisck tho /

Versup' yck de Föite / so hold' yck de Schoo /

Hei lustig krassibi /

De Bütte vul Tibi /

Dit moht yck in myne Pansen begraven /

So kan yck van Harten recht singen und daven.

Kradandi!


2.

Springt lustig doch fohrt / springt lustig doch fohrt /

Spring Jachim / spring Tonnies / spring Simen / spring Kohrt /

Spring Mewes / spring Benke /

Spring Göbke / spring Leenke /

Springt dat yück de Buuck rechtschapen mocht beven /

Kradandi / kradandi / so möchte wie leven! Kradandi!


3.

Nu pipe dat Wyf / nu pipe dat Wyf /

Myn fründlycke Schwager / so krig yck neen Kyf /

Laht flegen / laht ruschen /

Jck moht einmal tuschen u.s.w.

Kradandi / kradandi.


Jn deme der Baur diesen letzten Satz singet / die andere aber frisch daranch tantzen und spielen / da komt Sausewind herauß / gantz hefftig ergrimmet und halb rasend / gibt Feur mit einer Pistohlen /worüber die gantze Gesellschaft sehr erschrikt / also daß der Corporal /[306] Weib und Bauren davon lauffen /Herr Degenwehrt bleibt auf einer Ekken gar alleine stehen / üm zu sehen was der erzürnte Sausewind machen will / der läuft mit entblössetem Degen ruffend.


SAUSEWIND. Pfui / pfui / wie verdreust mich es doch von Grund meiner Seelen / daß mir der leichtfertiger Vogel / der ohnmächtige laus semper, der nichtswürdige Junker von der Ehlen / so liderlich entwischet ist / ich schwehre ihm bey den Diamantinen Augen meiner unvergleichlichen Göttinnen Rosemund / daß / wenn ich ihn hätte ertappet / ich wolte ihm die Spitze meines Degens im Hertzen abgebrochen / und mit der Pistohl den Kopf auf kleine Stükken haben zerschmettert. Ach allersüsseste Rosemund / wie hastu es doch über dein liebreiches Hertz können bringen / einen solchen elenden Bärenhäuter Audientz zuertheilen? Ach Rosemund! Rosemund!

DEGENWEHRT. Glük zu mein Herr Sausewind / was ist doch dem Herren widerfahren / daß er so gar schelig und unmühtig ist?

SAUSEWIND noch gar erzürnet. Ey / was solte mir widerfahren seyn / ich wolte / daß mich der Herr ungemolestiret liesse / der Kopff steht mir gleich itzt nicht darnach / daß ich mit dem einem oder anderen viel parlirens solte machen. Zu deme: Tuâ quod nihil refert, percontari desinas, man lasse mich unperturbiret.

DEGENWEHRT. Eine schlechte Höfligkeit von einen solchen grossen Kavallier / als der Herr sein will! wenn ich das jenige nicht soll wissen / was ihme angelegen / so darff er es ja nur mit gute von sich sagen / und was habe ich auch seines Schnarchens viel nöthig? Doch solchen Leuten die unter dem Huhte nicht wol verwahret sind / muß man offt viel Dinges zu gute halten.[307]

SAUSEWIND. Ma foy, Monsieur, wenn ich nicht gleich itzt müste weiter gehen / den jenigen Ehrendieb / der mir meine Seele zu stehlen sich hat unterstanden / mit diesen meinen ritterlichen Armen zu züchtigen / ich wolte ihme bald sagen / was da heisse einen vaillanten Cavallier etwas zu gute halten / aber mein rechtmässiger Eifer zwinget mich / den Räuber meines Lebens zu suchen / immittelst adieu, und er versichere sich / daß ich Sausewind heisse / Gehet zornig ab.

DEGENWEHRT. Jst das nicht lächerlich / daß dieser elende Phantast so viel pochens und prahlens daher machet / und ist doch das allerverzageste Geschöpffe / das unter dem Himmel kan gefunden werden. Junker Reinhart gehet auf. Was mag doch dem Leimstängeler dißmahl im Kopfe liegen? Jch dörfte schier schwehren / daß er aufs neu wiedrüm sey verliebet. Aber / sihe da / sein Kammerad / Junker Reinhart! Wo mag doch der hingedencken? Er ruft ihm zu. Wo hinauß / wo hinauß / Junker Reinhart?

JUNKER REINHART. Jhme zu dienen / mein hochgeehrter Herr Obrister / Jch wolte gerne zu meinem Kammeraden Monsieur Sausewind gehen / denn derselbe in einer angelegenen Sache meines Beystandes begehret.

DEGENWEHRT. Ja / Monsieur Sausewind? der ist gleich diese Stunde allhier fürüber gangen / der Kopf war ihme über alle masse närrisch / er sagte ja von Degenspitzen im Hertzen abzubrechen / von Köpfen zu zerschmetteren / wer nun derselbe eigentlich sein möchte / welchen er dergestalt dräuete zu züchtigen / kan ich noch zur Zeit nicht wissen.

JUNKER REINHART. Eben dieser Sache halben gehe ich gleich itzt zu ihme / er hat mich zu seinen Secunden erfodert / angesehen er bedacht ist / ein grosses Unrecht / das man ihme hat erwiesen / zu revengiren.[308]

DEGENWEHRT. Wer ist aber derjenige / der ihn so hoch beleidiget / und wodurch ist doch der gute Sausewind so bald in den Harnisch gejagt worden?

JUNKER REINHART. Dieses will ich meinem hochgeehrten H[errn] Obristen kürtzlich erzehlen: Sausewind hat widrüm eine neue Liebste / weiß nicht / ob es die sechste oder siebende Rosemund ist / von Geschlechte und Herkommen ist sie eines Altflikkers oder Schuplätzers Tochter / in seinem Sinne aber hält Er gäntzlich dafür / sie sey von lauter Fürsten und Grafen entsprossen / ihre Handthierung ist / daß sie den Schiff- oder Booßleuten die Hemder wäschet / und solchem Völklein bißweilen auch sonst andere Liebesdienste erweiset / wiewol er vorgibt / daß sie zu Hause nichts anders thue / als Bücher lesen / Bücher schreiben / Lieder machen / Gedichte aufsetzen / ausserhalb Hauses aber / fahre sie zu Winterszeiten in Schlitten und Karreten / deß Sommers in Lustschiffen / auf den anmuhtigsten Seen und Flüssen spatziren / und halte sich weit prächtiger / als viele andere reiche und fürnehme Princessinnen. Jn diese gute Wäscherin nun ist unser Ritter sehr hefftig verliebet / es hat sich aber vorgestriges Tages zugetragen / daß / wie er gantz unversehener weise zu seiner Göttinnen in ihren Keller kommen / (denn ihre Wohnstatt hat sie unter eines fürnehmen Bürgershause) deroselben unterthänigst aufzuwarten / er einen Ladenjungen bey ihr gefunden / der sie freundlich in den Armen gehalten / und / aufs beste er nur gekönt / hat gehertzet und geküsset / worüber denn unser Sausewind dergestalt ist entrüstet worden / daß / wenn ihme der Ladenjunge nicht wäre entsprungen / er demselben eine rechtschaffene gute Ohrfeige hätte zugestellet. Dieweil aber mehrgedachter unser H[err] Sausewind ungerevengiret nicht zu leben begehret / als hat er vielerwehnten Ladenjungen lassen vor die Klinge[309] foderen / der sich auch resolviret hat / ihme zu kommen / und demnach zu befahren / daß derselbe noch wol etliche mehr von seiner Burß mit sich bringen werde / so hat Herr Sausewind von mir / als seinem itzigen Kammeraden / freundlichste begehret / daß ich ihm eine Secunde geben / und mich dieser Sache ernstlich mit wolle annehmen / welches zu thun ich ihm auch gestriges Tages mündlich habe versprochen.

DEGENWEHRT. Das habe ich ja leicht können gedencken / daß der Narrenkopff abermal verliebt wäre / und zwar in ein solche / derergleichen er unterschiedliche für diesem gehabt / welche gleichwol in seinem Sinne lauter Prinzessinen / Gräffinnen oder zum wenigsten Freyfräulein müssen heissen / unangesehen / sie entweder gar nicht in der Welt zu finden / oder doch zum höhesten nur armselige Waschmägde / Misthämmele und Küchenratzen sind. Wundert mich demnach von euch sehr hoch / Junker Reinhart / daß ihr / der ihr doch sonst fast allenthalben in der Welt / sonderlich aber bey Hofe in gar guten Ansehende unnd Ruf seyd / euch des Sausewindes seiner groben Narrenpossen möget theilhafft machen / wodurch ihr endlich nohtwendig nebenst ihm in die äusserste Verachtung müsset gerathen.

JUNKER REINHART. Jch bekenne es / hochgeneigter H[err] Obrister / daß die Ehre / welche ich von seiner Conversation habe / schlecht genug ist / daß ich aber gleichwol zu Zeiten mit ihme ümme gehe / thue ich eintzig und allein darümb / daß ich nur etwas Lust und Kurtzweil mit ihme[310] könne machen. So weiß auch ja mein Herr wol / daß ich ihn nur eine gar kurtze Zeit habe gekennet / nemlich die jenige Zeit / so er in Frankreich hat zugebracht / welche sich gleichwol nit einmal drey gantzer Monat beläuft / wiewol er sonst viel von Frankreich pfleget zu prahlen / worinnen er doch kein gantzes Viertel Jahrs hat gelebet / wie er denn auch nicht fünff Wort Frantzösisch recht weiß zu reden.

DEGENWEHRT. Wahr ist es / Herr Reinhart / es ist noch nicht so gar lange / daß ihr diesen verliebten Narren habt gekennet / ihr wisset auch noch zur Zeit nicht recht / was hinder ihm stekket / ich aber kenne ihn so gründlich / daß ich mich gäntzlich versichert halte / es lebe kein Mensch unter der Sonnen / der seine Beschaffenheiten eigentlicher / als eben ich könne oder wisse zu beschreiben / denn ich schon über die sechszehen Jahre seine närrische Händel und Verrichtungen habe gesehen und erfahren.

JUNKER REINHART. Könte ich die Ehre haben / hochgebietender H[err] Obrister / etwas weiteren Bericht von vielgedachten unseres Sausewindes fürtreflichen Qualitäten zu vernehmen / solte es mir gar sehr lieb seyn / denn ich gerne wissen möchte / ob er denn ein solcher gelehrter / verständiger / geschikter Kavallier sey / als er von sich selber pflegt zu rümen.

DEGENWEHRT. Jch diene euch dieses falles gerne / mein Herr Reinhart / und berichte euch demnach kürtzlich / daß dieser unser Sausewind so voller Eitelkeiten stekket / daß es groß Wunder ist / wie es doch müglich / daß er für seinen eingebildeten Stoltz und Ehrgeitz nicht gar von einander[311] bärstet. Der hoffärtige Phantast schämet sich seines Herkommens / seiner Eltern und Verwandten / bißweilen verläugnet oder ändert er den Nahmen seines Geschlechtes / wie Er denn einsmalen mit einem Edelmann (seinem Fürgeben nach) beym Trunke Brüderschaft gemachet / und also fort desselbigen Zunamen an sich genommen. Als ihme nun nach der Zeit verweißlich ward fürgehalten / er wäre ja von keinem adelichen Geschlecht entsprossen / könte auch nimmermehr beweisen / daß ihm der Römische Käiser den Adel / Schild und Helm hätte gegeben / warum er denn diesen Namen angenommen? gab er gantz ernstlich zur Antwort / dieweil ihn dieser Edelmann für seinen Dutzbruder erkennete / als wolte er sich auch desselben Zunamens hinfüro gebrauchen / und damit er ja den Gek rechtschaffen sehen liesse / so hat er für sich selber ein Wapen erdacht / fast wie jenes Bauren Sohn in Holland / der ihm auch selber ein Wapen gab / welches er in vier Felder hatte abgetheilet / und Löwen / Greiffen / Adler und Elephanten hinein gesetzet / ja so gar das güldene Flüß unten daran gehänget / und sich hernach gerühmet / daß es seine eigene Erfindung wäre. Eben also hat es auch unser Herr Sausewind gemachet / in dem er auß seinen eigenen Eulen oder Tauben-gehirn ein neues Wapen erdichtet / und einen offenen Helm darauf zu setzen sich selber erlaubet. Bey diesen unerhörten Eitelkeiten hat er es nicht lassen bewenden / sondern noch ferner fürgeben / er seye auch ein Ritter / hat sich durch öffentlichen Druk in seinen Büchern (welche er von andern außzuschreiben / und hernach für seine Arbeit außzugeben / sehr geschikket ist) Equitem strenuum et nobilissimum, einen hochedlen und gestrengen Ritter selber genennet / kan aber kein Mensch erfahren / wer ihn doch zum Ritter[312] habe geschlagen / ob es etwan der König in China / oder der grosse Mogul / oder der in Japon gethan habe / denn in der Christenheit weiß traun niemand von solchem seinem Ritterorden zu sagen / als er allein / wie er sich denn auch selber gar hochmütige Vers und Gedichte zu ehren pflegt zu machen / und hernach Namen darunter setzet / solcher Leute / welche vielleicht niemahls in dieser Welt sind gesehen worden.

JUNKER REINHART. Ey behüte mich mein Gott / Herr Obrister / was höre ich doch von diesem Grillenfänger wunderliche Händel / ich habe vermeinet / daß der Kerl vielleicht was sonderliches hätte studiret / auß meines Herren Obristen Relation aber / vernehme ich / daß in der Welt kein grösser Phantast / als er sey zu finden.

DEGENWEHRT. Dieses ist noch nichtes / was Jch euch von ihme habe erzehlet / hätte ich Zeit / ihr sollet Wunder über Wunder hören / von seinem unaussprechlichen Ehrgeitze und selbst eingebildeter Geschikligkeit / ja auch von seiner Thumkühnheit / angesehen / er sich nicht scheuet / anderer gelehrten Leute Arbeit für seine eigene außzugeben / darf wol / wenn ein anderer ehrlicher Mann / auß gewissen / ihme absonderlich bekanten Ursachen / ein Büchlein ohne vorsetzung seines Namens / in offenen Druk heraus giebet / seinen Sausewindes Namen dafür setzen / oder in Kupffer stechen lassen / massen ich solches mit meinem eigenen kan beweisen. Ferner so rühmet er sich auch unterschiedlicher Sprachen Wissenschafft / und kan nährlich verständlich Teutsch reden / ja / wenn er das Außschreiben nicht gelernet hätte / so wäre er der elendeste Hümpler unter dem Himmel. Was soll ich aber von seinen erdichteten / oder im Traume[313] abgebildeten Schäfferinnen / in welche Er sich fast alle Tage aufs neue verliebet / viel sagen? Da wäre allein ein gantzes Buch von zu schreiben: man findet zwar auch unter gelehrten Leuten und berümten Poeten etliche / welche allerhand erdichtete Namen den Schäfferinnen kunstzierlich aufzuführen / und deroselben lobwürdige herrliche Eigenschaften gar artig zu beschreiben / sich haben belieben lassen: Aber so närrisch sind sie nicht / daß sie dieselbe in der Warheit für Fürstliche / Gräfliche / und andere hohen Standes Personen erkennen / oder außgeben / ja sich öffentlich rühmen solten / daß sie von denselbigen hertzinniglich geliebet / mit beweglichen Schreiben ersuchet / und mit herrlichen Geschenken würden beseliget. Dieser unser Sausewind aber / aller Haasen Großvatter / bildet ihm solche Personen für / die niemahls in dieser Welt gewesen / auch in Ewigkeit nicht darein kommen werden. Die eine nennet er Liebewitz / die andere Perlestirn / die dritte Rosemund / und wie die Waschmägde alle mehr heissen / welches man zwar alles könte hingehen lassen / wenn er nur nicht so tummkühne wäre / und sich unterstünde die Leute zu überreden / es wären diese Nimfen warhafftig lauter hohen Standes Personen / hätten übertreflich wol studiret / schrieben allerhand anmuhtige Gedichte (welches zu beglauben / Er selber bißweilen etwas machet / und unter diesen erdichteten Namen lässet herauß kommen) Sie hielten sich gar prächtig / führen in stattlichen Carreten, hielten ihre Diener / Pagen und Lakqueien / wolten aber noch zur Zeit sich niemand anders / als ihme alleine zu erkennen geben / demnach sie sich so gar hefftig in ihn hätten verliebet. Es sind fürnehme und verständige Leute gewesen / welche / nach deme sie in diesem seinem Vorgeben[314] anfänglich Glauben zugestellet / nach der Hand aber demselbigen ernstlich nachgeforschet / zu letzt klärlich haben befunden / daß alles schändlich von ihme erdichtet und erlogen. Wenn er nun deßwegen zur Rede gestellet worden / hat Er berichtet / daß die von ihme besagte unnd gepriesene fürnehme Weibespersonen zwar in der Welt und seine Liebsten gewesen / aber unlängst zu seinem grossen Hertzleid verstorben wären / wormit er denn eine Lügen durch die andere hat abgelegt / und zum Theil beschlossen. Sonsten bildet er sich festiglichen ein / so bald nur ein Weibesbild ihn einmal ersiehet / müsse sie sich augenbliklich in ihn verlieben / gestalt er denn mir selber einsmahlen hat erzehlet / daß er auff einer Reise / welche zu thun er fürhabens wäre / die Hofstadt einer fürnehmen Fürstinnen (welcher Herr dazumal noch lebete) nothwendig auff dieses mal müste vorbey gehen / also / daß er seinen unterthänigsten Gruß bey derselben nicht könte ablegen / dieweil Er eigentlich wüste / daß hochgedachte Fürstinn gar zu sehr in ihn verliebet wäre. Und als ich ihn ferner befragte: ob er denn mit hochbemeldter Fürstinn vor diesem geredet / und solcher ihrer Liebe waar genommen hätte? Gab er mir zur Antwort: daß er zwar noch zur Zeit nicht mit ihr geredet hätte / dieses aber wäre gar gewiß / daß sie ihn einsmalen von ferne im Garten hätte ersehen / da denn diese überauß schöne Fürstinne / nach dem sie von dem Gärtner (von welchem er auch diese Nachricht hätte) verstanden / daß er der Herr Sausewind wäre / gar freundlich hätte gelachet / worauß er bald vermerket / daß sie schon hefftig gegen ihn wäre verliebet. Sind mir aber das nicht schöne Possen / dergleichen mir doch fast unzählich von ihme wissend sind? Unlängst hat er gar hoch betheuret / daß ihm zween treffliche Heyrahten vorstünden: Eine zwar mit einer Adelichen Damen / derer Brautschatz[315] sich auff vier Tonnen Goldes belieffe. Die andere wäre Fürstliches Standes / würde ihme aber nicht viel mehr / als nur eine Tonne Goldes zubringen / Jedoch hätte er zu dieser letzten / als einem überauß schönen Fräulein die beste Lust / wäre jhme auch mehr an dem Hohen Fürstlichen Ehrenstande / als dem gar grossen Reichthume gelegen. Jn Summa ich solte nun bald sehen / (sagte Er mir unter die Augen) wie er mit sechs Pferden fahren / einen Hauffen Diener und Lakqueien halten / ja dermassen stattlich wolte auffgezogen kommen / daß ich mit Verwunderung würde sagen: Jst das unser Herr Sausewind! Denn / sprach Er / der eine Fürst begehret mich für seinen Residenten zu bestellen / der ander will mich für einen geheimen Rath / der dritte zu seinem Cantzler annehmen / weiß bald selber nicht / welchem unter ihnen ich am ersten soll zu Willen werden. Ey gedachte ich bey mir selbst / du elender Dorffteuffel / weitest du Fürstliche Personen heyrahten / und ist wol keine Kuchen-Magd / die dein begehret; woltest du ein Fürstlicher Resident oder Rath werden / unnd bist nicht tüchtig der geringste Schulmeister zu seyn? Woltest du mit Kareten fahren / Pagen und Lakqueien halten / und hast nicht so viel Mittel / daß du einem eintzigen Jungen kanst zu fressen geben? du magst wol der grössester Auffschneider heissen / der im gantzen Römischen Reiche zu finden!

JUNKER REINHART. Für war / hochgeehrter Herr Obrister / ich muß mich schier zu Tode verwundern / über dieses Menschen erschrökliche Lügen / am allermeisten aber / über seine unverschämte Stirne / daß er verständigen Leuten / die Gehirn im Kopffe haben / solche unglaubliche Sachen / ja rechte Kinderpossen mag fürbringen?[316]

DEGENWEHRT. Und eben das ist es auch / das mich so hefftig auff ihn verdreust / worzu noch dieses komt / daß er gelehrte / fürtreffliche unnd berühmte Leute / ja solche Männer / denen er die Schuhe zu putzen nicht einmahl würdig ist / hinter ihrem Rucken verleumbderischer Weise schmähet unnd beschimpffet / welche ihme doch manches mahl das Wort geredet / ja zu der Zeit / als er recht natürlich wie ein Bettler unnd Landstreicher zu ihnen kommen / alle Liebe unnd Freundschaft haben erwiesen. Jch schwere es ihm aber bey meinen Ehren / daß / im falle ich erfahre / daß er redliche Leute hinfüro nur mit dem geringsten Worte / heimlich oder öffentlich zu schmähen oder zu beschimpffen / sich wird unterstehen / ich sein gantzes Leben / und die darin geführte unerhörte / mir wol bewuste Händelchen / erschrökliche Lügen und grobe Unwissenheit / in einem öffentlichen Buch / der Teutsche Aufschneider genandt / der gantzen erbaren Welt dergestalt wil kundt machen / auch das grösseste Theil derselben / mit seinen gar vielen / und andern eigenhändigen Briefen so klärlich beweisen / daß auch die Kinder auff der Gassen davon sollen zu sagen wissen / und er für einen viel grössern Phantasten / als der Spanische Don Kichote, oder der Frantzösischer Berger Extravagant, zu teutsch / der närrische Schäffer / soll gehalten / und durch unser gantzes Teutsche Reich außgeruffen werden.

JUNKER REINHART. Warlich / mein Herr Obrister / dieses Verfahren wäre auch deß ungestreifften Haasen rechter Lohn / unnd kan ich nicht vorbey / ihm mit dem ehesten einen artigen Possen zu machen / dessen denn mein Herr Obrister genug wird zu lachen haben.[317]

DEGENWEHRT. Wolan / Junker Reinhart / thut euer bestes / es soll mir nicht zu wiedern seyn / Narren muß man mit Kolben lausen / vielleicht möchte der Phantaste klug / und zu bessern Gedanken dadurch gebracht werden. Jch muß mich aber hinein machen / um zu sehen / wie doch unser Feldherr Mars seine Sachen ferner anstellen / und was es endlich mit dem Friedenschlusse für einen Außgang werde nehmen.

JUNKER REINHART. Wol / H[err] Obrister / eben das bin ich auch zu thun gesinnet / und erkenne ich mich verpfllichtet / unserm gebietenden Herrn Generalissimo unterthänigst auffzuwarten / wie ich denn auch versichert bin / daß derselbe nach unserer beyderseits Ankunfft ein sonderlichs Verlangen wird haben und tragen. Sie gehen beyde ab / und wird darauff die Music / so gut man sie immer kan haben / angestellet.


Ende der ersten Handlung.


Quelle:
Johann Rist: Sämtliche Werke. Berlin und New York 1972, S. 286-318.
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