[42] Caiphas, und Amos.
CAIPHAS.
Sag Amos! kan ich allermaßen
Mich wohl auf deine worth verlassen?[42]
Sag an, ob dem, was du bericht,
Nicht etwan Judas widerspricht?
AMOS.
Wie ich gesagt, so ists ergangen,
Ein mehrers kanst du nicht verlangen,
Wan man sich wird im Rhat erhebn,
Wird den erfolg die zeith schon gebn.
Dem mann so mir im weeg bekommen,
Ist, wie ich sonders wahrgenommen,
Sein eigner meister so verhaßt,
Das mich sein schlus nicht zweiflen last.
Zu dem ist er von solchen sitten,
Das er gar leicht durch geldt bestritten
Und dise seine geldt begürdt
Mit gringen werth ersättigt wird.
CAIPHAS.
Wan diser streich uns soll gelingen,
Versprech ich, es dahin zu bringen,
Das Amos in dem hochen Rath
Ein siz und stim von ersten hat.
Der Juden gott, der uns regiret,
Hat dich zu disen man gefihret,
Das heyl durch dich ist allgemein,
Drum mus man dir erkantlich sein.
Was durch verdienst ist gut geschehen,
Hat man noch allzeit angesehen,
So hofft auch den verdienten lohn,
Den niemand dir absprechen kan.
AMOS.
Dein gütte, so du mir verpfändest
Und auch so ville ehr zuwendest,
Ist allzu gros vor einen mann,
Der selbe nicht ertragen kan.
Ich thatt den Judas zu gewinnen
Was mir ein pflicht zu sein geschinen,
Weill ich wohl wust, das seine lüst,
Dem ganzen Rhat höchst dienlich ist.
CAIPHAS.
Er kan uns ville sorg benemmen,
Sonst müst man sich zu was bequemen,
Das auszuführen vill zu schwär,
Und wahrlich höchst gefährlich wär.
Er soll den lohn von uns empfangen,
Bevor wür zu dem zweckh gelangen,[43]
Weill er den meister in der still
Verkauffen, und verrathen will.
Doch sag, die wahrheit zu bekennen,
Ist Judas kein Tyrann zu nennen,
Das er den jenen gibt verlohrn,
Dem er doch seine treu geschworn?
Ich liebe zwahr disß sein verbrechen,
Doch, sollt ich ihm das Urtheil sprechen,
So blib das werckh zwahr ohngestrafft,
Doch er wär dannoch lasterhafft.
AMOS.
Der geiz kan sich nicht überwinden,
Noch auch an die gesäze binden,
Was Judas thut, ist wohl gethan,
Sech er, wie er sich schüzen kan.
CAIPHAS.
Du redest so, wie ich gedenke,
Hier gelten auch verraths geschänke,
Wan man nur baldt, und ohnbeschwerdt
Des Nazareners habhafft werd.
Ich geh, dem Rath bericht zu geben,
AMOS.
Ich werdt mich ferners noch bestreben,
Bis dises wildt in unsren nez.
CAIPHAS.
Geh, und auf mich dein hoffnung sez.
Buchempfehlung
Eine Reisegruppe von vier sehr unterschiedlichen Charakteren auf dem Wege nach Braunschweig, wo der Luftschiffer Blanchard einen spektakulären Ballonflug vorführen wird. Dem schwatzhaften Pfarrer, dem trotteligen Förster, dem zahlenverliebten Amtmann und dessen langsamen Sohn widerfahren allerlei Missgeschicke, die dieser »comische Roman« facettenreich nachzeichnet.
94 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro