[227] Petrus. Andräas. Bartholomäus. Jacobus ¸. Simon. Jacobus M. Thomas. Judas Thadäus. Joannes. Mathäus. Philippus. Magdalena. Maria Jacobe: Maria Salome.
PETRUS.
Wür derffen uns nicht auf der straßen
Und bey dem Volckh vill sehen lassen,[227]
Dieweill der Rhat auf dises tringt,
Wie er nunmehr nur uns bezwingt.
ANDREAS.
Doch müssen wür bericht einhollen,
Was wir von dem erwarthen sollen,
Was sich hat etwan diser tagen
Beym grab des meisters zugetragen.
BARTHOLOMÄUS.
Diß werden uns die jene sagen,
Die sich was mehrers derffen wagen,
Die weillen sie als unsre freundt
Noch nicht so sehr erkantlich seindt.
JACOBUS ¸.
Ich bin begierig noch zu sehen,
Wie es beym ausgang wird ergehen,
Und was nach unsers meisters todt
Mit uns noch macht der liebe gott.
SIMON.
Was künfftig ist, thuet mich nicht kräncken
Dan ich hab nur im angedenken,
Was unser Meister von dem Rhat
Gelitten, und erdultet hat.
JACOBUS M.
Diß ligt mir freylich auch zu herzen,
Und kan die unbildt nicht verschmerzen,
Doch hoff ich nun ein beßre zeith
Ja gar ein unverhoffte freyd.
THOMAS.
Ich aber sech nicht, was zu hoffen,
Der 3te tag hat eingeloffen,
Seith dem schon unser Meister todt,
Und wür bleibn in der alten Noth.
JUDAS THADÄUS.
Halt, Thomas! deinen sinn in schrancken,
Diß wär in treu, und glauben wancken,
Dan ist gleich Christus würckhlich todt,
Bleibt er doch der allmögendt gott.
JOANNES.
Ich glaub, und bau auf sein Versprechen,
Er wird, und kan es nicht mehr brechen,
Der 3te tag ist noch ganz neu
Kan vill geschehn bis er vorbey.[228]
MATHÄUS.
Ich leb, und weis nicht, wie ich lebe,
Stätts zwischen forcht, und hoffnung schwebe,
Diß fühl ich doch in meinen trieb,
Das mir noch stätts mein Meister lieb.
PHILIPPUS.
Für ihn wär ich annoch mein leben
Allzeit urbittig darzugeben. – – –
Jedoch was kommt so ohngefähr
Die frauen schaar zu uns anher?
MAGDALENA.
Willkomm seidt uns herzliebste Brüder!
Singt mit uns trost, und freyden lieder,
Wür kommen von dem grab zu euch,
Und bringen wunder von der leich.
PETRUS.
Wie? was? ihr frauen! darff ich fragen,
Was sich mit selber zu getragen?
Ligt dan der stein nicht auf dem grab,
Das ihr gesechn zur leich hinab?
MAGDALENA.
Als wür das grab eröffnet fanden,
War auch kein leichnamm mehr vorhandten:
Die leinwadt schließte nur allein
Die krufft in ihr behaltnuß ein.
Der erste Anblickh könnt ihr glauben
Thatt uns so herz als sinnen rauben,
Wür stunden da in hiz, und frost,
Und waren gänzlich ohne trost.
Als wür nun in dem kummer stehen,
Da lassen sich 2 Jüngling sehen,
Von so ausbindiger gestallt,
Die wahrlich nur vom himmel fahlt.
Sie lehrten, was wür schon gehöret
Da uns der meister noch gelehret,
Sie sagten nemblich alle zwey,
Das er vom todt erstanden sey.
Der trost, den wür in uns empfunden,
Der macht das wür nicht zweifln kunten,
Es seye also in der thatt
Wie man uns so versichert hat.[229]
JOANNES.
Die sach sey, wie es woll, beschaffen,
So will ich hier nicht müßig schlaffen,
Ich eyle also zu dem grab,
Zu sehn, was ich vernommen hab.
Gehet schnell ab.
PETRUS.
Hat euch nicht das gesicht betrogen,
MARIA JACOBE.
Ach nein, es wurd das herz bewogen,
Ab jener stimm, so uns bericht,
Das disem so: wür irren nicht.
PETRUS.
Ich hab genug, und will mich eben
In dises wunder orth begeben,
Wer weist, ob ich, wan diß gethan
Euch nicht noch mehr berichten kan.
Gehet gleichfahls schnell ab.
MATHÄUS.
Ich weis nicht, was ich soll gedenken,
THADÄUS.
Ich will mein herz der hoffnung schenken,
SIMON.
Des meisters todt ligt mir im sinn.
THOMAS.
Ich weis, das ich hartglaubig bin.
JACOBUS M.
Ich thue ein beßre hoffnung fassen,
PHILIPPUS.
Mich will die forcht noch nicht verlassen,
JACOBUS ¸.
Ich baue auf des meisters worth,
ANDREAS.
Wer da baut hat ein sichres orth.
BARTHOLOMÄUS.
Ich will hierinn der zeit abwahrten – –
Gehen ab.
MAGDALENA.
Ich geh sodan zurukh in garten,
Zu sehn wie es den zweyen glikt,
Und was uns Gott noch ferners schikt.[230]
MARIA SALOME.
Wür kommen mit: ach wan den herren
Wür doch zu sehen würdig wären!
Diß ist, was ich von herzen wollt,
Wan ich vor freyd auch sterben sollt.
MARIA JACOBE.
Mich wundert wie bey denen Jüngern
Der glaub sich also konn verringern,
Sie halten alls, was wür bericht,
Nur vor ein Märlein, und gedicht.
MAGDALENA.
Ihr wanklmuth, den sie geführet,
Hat gleich fahls mir den sinn verwirret,
Das sie nicht eins, das wust ich wohl,
Nicht aber was ich schließen soll.
Wahr ists, das Christus nicht vorhanden,
Doch, ob er seye auferstanden,
Und man es gänzlich glauben kan
Das kommt auf die 2 Jüngling an.
Wo aber haben wür vernommen,
Das sie zu uns vom himmel kommen?
Der glauben nemblich sagt uns diß,
Jedoch ist es noch ungewis.
MARIA SALOME.
Der zweifl wird sich selbsten heben,
Wan wür uns nur die müh thun geben,
Recht einzuhollen den Bericht,
Von allen, was hinfihr geschicht.
MAGDALENA.
So lasßt uns dan hier nicht verweillen,
Und zu dem grab in garten eylen,
Der triebe himmel heitert sich,
Das hoff ich ein mahl festiglich.
Gehen ab.
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