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[324] Als ich nach Gewohnheit saß in der Schenke neulich,
Mir zu machen Erdennot durch das Glas erfreulich;
Kam ein Bußeprediger mit bestaubtem Kragen
Und hub an den Wein zu schmähn, weit- und lästermäulig.
Selber sich in heiligen Eifer redend, malt' er
Den verdammten Freund mir mit Farben ganz abscheulich;[324]
Hätt' ich ihm geglaubt, so war in dem Höllenrachen
Von den Drachen keiner so ganz entsetzlich greulich.
Und so tobt er weiter, bis sein Gesicht in Flammen
Selber glüht, ein Höllenschlund, rötlich, trüb' und bläulich.
Meinem Schenken winkt' ich, der ihm ein Glas kredenzte
Und mit schelm'schen Blicken es unterstützte treulich.
Erstlich sträubte sich der Held, sprach den Fluch und Segen;
Endlich nahm er's an den Mund, schlürfte leckermäulig.
Mildere Beredsamkeit drauf entfloß den Lippen,
Paradiesisch lustentzückt, himmlisch morgentäulich.
Mit dem Schenken tanzt' er um, sang das Lob des Weines,
Und den alten Schmähgesang widerrief er reulich.
»O Hafis!« sprach er zu mir, »Wein ist Seelenwollust,
Wie der Himmelsmädchen Kuß ewig neu jungfräulich.«