Ein bul scheidlied

In dem hofton Brennbergers.


1. sept. 1513.


1.

Ach ungelück,

wie hastu mich so hart verwunt!

des für ich iez ein schwere klag

den abent und den morgen.

Das macht dein tück.

wan ich denk der ellenden stunt,

auf ert mich niemant freuen mag.

mein leit trag ich verborgen,

Wan ich muß iez in das ellent;

das ist mir gar beschwerlich heut;

das laß dich, lieb, erbarmen.

der liebe lon ist traurig ent,

herzleit nachfolget großer freut:

also geschicht mir armen.

ich bin ellent; wie möcht ich nur ellender sein,

seit ich muß scheiden von der allerliebsten mein?

der ich mit ganzer treu so lang gedienet han,

der muß ich iez verwegen mich,

fürbas sie nicht mer schauen an.


2.

Vor aller not

gesegn dich got tag, nacht und stunt!

gesegnet seint dein euglein klar

und auch dein kelen weiße!

Gesegn dir got

auch deinen rosenfarben munt

und auch dein gelb geflochten har,

dein brüstlein, ziert mit fleiße!

Gesegnet seint dein schneweiß hent!

gesegnet sei dein freuntlichs herz,

mut und darzu dein sinne!

ich scheid von dir in das ellent,

das bringet mir unseglich schmerz,

iedoch ich muß von hinne.

ich far dahin; mein herz das blicket wider um,

ob nicht seins herzenliebes liebe nachhin kum!

so ist es leider also ferr und weit von im,

das es sein nicht ersehen mag;

so schreit es mit kleglicher stim:


3.

Ach herzigs herz,

wie bleibstu so weit hinter mir!

du meines herzen freut und wunt,

ich het dich auserkoren

In freut und scherz,

o, wie muß ich so balt von dir!

des traure ich von herzengrunt,

seit ich dich hab verloren.

Mit dem leib muß ich von dir hin,

mit wesen an ein ander ort;

das tut mich, schons lieb, krenken.

iedoch laß ich herz, mut und sin

bei dir, meins herzen hochster hort,

darbei tu mein gedenken.[4]

o we! o we! o herzenliebes lieb o we!

ich fürcht herzliebes lieb du sehest mich nit me.

in keiner not mein herz mir nie so traurig was.

gesegn dich got, mein herzen lieb!

ich far ins ellent hin mein stras.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 3-5.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen / Der Kuß von Sentze

Der Waldbrunnen »Ich habe zu zwei verschiedenen Malen ein Menschenbild gesehen, von dem ich jedes Mal glaubte, es sei das schönste, was es auf Erden gibt«, beginnt der Erzähler. Das erste Male war es seine Frau, beim zweiten Mal ein hübsches 17-jähriges Romamädchen auf einer Reise. Dann kommt aber alles ganz anders. Der Kuß von Sentze Rupert empfindet die ihm von seinem Vater als Frau vorgeschlagene Hiltiburg als kalt und hochmütig und verweigert die Eheschließung. Am Vorabend seines darauffolgenden Abschieds in den Krieg küsst ihn in der Dunkelheit eine Unbekannte, die er nicht vergessen kann. Wer ist die Schöne? Wird er sie wiedersehen?

58 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon