Das liet Maria zart

[42] verendert und cristlich corrigirt.


1524.


1.

O Jesu zart, götlicher art,

ein ros on alle doren,

Du hast aus macht herwider bracht

das vor lang was verloren

Durch Adams fal; dir wart die wal

von got vatter versprochen;

auf das nit würt gerochen

mein sünt und schult, erwarbstu hult;

wan kein trost ist, wa du nit bist[42]

barmherzikeit erwerben;

wer dich nit hat und dein genat,

der muß ewiklich sterben.


2.

O Criste milt, du hast gestilt

der altvätter verlangen,

Die jar und tag in we und klag

die vorhell het umfangen,

Senlicher not ruften: »o got,

zureiß des himels pfarten

und send uns, des wir warten,

den messiem, der uns abnem

die senlich pein.« das ist durch dein

vilfaltig blutverreren

ganz abgestelt, darum dich zelt

all welt Cristum den heren.


3.

O Jesu rein, du bist allein

der sünder trost auf erden;

Darum dich hat der ewig rat

erwelet, mensch zu werden;

Uns all zu heil darum urteil,

am jüngsten tag wirst richten,

die dir glauben, mit nichten.

o werte frucht, all mein zuflucht

han ich zu dir; ich glaub, hast mir

erworben ewig leben;

in dich hoff ich ganz festiklich,

weil du mir gnad tust geben.


4.

O Criste groß, du edle ros,

gütig an allen enden,

Wie gar gütlich, her, hast du mich

wider zu dir lan wenden

Mit deinem wort! mein sel leit mort[43]

bei den falschen profeten,

die mich verfüret heten:

auf mancherlei ir gleisnerei,

auf werk ich hoft und meinet oft,

genad mir zu erwerben;

verliße dich; o her! nit rich

mein unwissent verderben.


5.

O Jesu fein, dein wort gibt schein,

licht, klar als der karfunkel.

Es hilft aus pein den armen dein,

die sitzen in der dunkel;

Kein ru noch rast haben sie fast

wol in der menschen lere;

reich in dein wort, mit gere

hilf in darvan auf rechte ban

und sie selb tröst, seit du erlöst

hast alle welt gemeine,

das sie in dich hoffen einig,

nit in ir werk unreine.


6.

O Criste wert, so dein wort kert

von mir und sich derscheite,

So kum zu mir, beschütz mich schir,

auf das mich nit verleite

Die menschenler, die gleißet ser,

wer kan ir list erkennen?

sie tut sich heilig nennen,

ist doch entwicht und lebet nicht;

allein dein wort, das ist der hort,

darin das leben iste;

da speis mich mit (entzeuch mirs nit!)

zu ewiklicher friste!
[44]

7.

O Jesu Crist, war got du bist;

in dir ist kein gebrechen.

Es ist kein man, der mag und kan

dein glori groß aussprechen;

Dein hohes lob schwebt ewig ob,

dir ist als übergeben

was ie gewan das leben,

all creatur. o könig pur,

wens darzu kumt, das mein mut stumt,

leiblich den tot muß leiden,

dan hilf du mir, das ich mit gir

in deim wort müg abscheiden.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 42-45.
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