Der schlangen streit

[312] In der schlangenweis Bastian Hilprant.


1. merz 1554.


1.

Schiltberger klar

schreibt ein groß wunder;

das vor Samsan

in der Türkei,

der haubtstat alt,

gschach seiner zeit:

Ein große schar

schlangen besunder

auf einen plan

nahent darbei

aus einem walt

kamen zum streit;

Vil schlangen

kamen auch gangen

her aus dem mer

an einen rangen

und auch ein her

samleten groß;

aus forcht man ser

die stat beschloß


2.

Doch teten sie

niemant kein leide,

zu felt mit nam

die versamlung

der schlangenmacht

weret neun tag,

Und nachdem die

her all beide

zugen zusam,[313]

alt unde jung,

teten ein schlacht

zu felt, ich sag,

Ein reißen

und schlangenpfeißen

war im anfang,

ein grimig beißen

und wert, so lang

schien die hell sun,

doch die holzschlang

den sieg gewun.


3.

Als die flucht gar

die waßerschlangen

gaben zum mer,

zugen auch ab

hinein den walt

die ander part.

Achttausent war

mit tot vergangen

aus beidem her,

man macht ein grab,

sie darein balt

mit ert verschart.

Das wunder

bedeut besunder,

das Wayasit

solt drücken under

das volk, bestrit

zu waßer lant,

überwant mit

sieghafter hant.

Quelle:
Hans Sachs: Dichtungen. Erster Theil: Geistliche und weltliche Lieder, Leipzig 1870, S. 312-314.
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