4. An Pfeffel

[337] Schweigen, Pfeffel! kann ich itzt nicht länger!

Mein Gefühl ergießt sich in Gesang:

Zwar noch schüchtern rührt der junge Sänger

Seine Harfe, bebend, leis' und bang.

Doch, wer liebt die Jünglinge wie du?

Du vergiebst und lächelst Mut mir zu.


Unvergeßlich bleibt mir jene Stunde,

Da ich staunend dir zur Seite saß;

Trunken hing mein Haupt an deinem Munde,

Und in deinen offnen Zügen las

Ich entzückt der reinsten Tugend Glück –

Ach! Warum nicht auch in deinem Blick?


Murren will ich nicht, ich will nicht klagen,

Schmelzt gleich stille Wehmut mein Gefühl:

Hoher Mut ward dir in trüben Tagen –

Und wie herrlich schimmert dir das Ziel!

Himmelsfriede, Heiterkeit und Ruh'

Strömet dir aus deinen Thaten zu.
[337]

Zwar die Erde scheint dir eine Höhle,

Voll von Nacht, durch die kein Schimmer bricht;

Aber ewig glänzt um deine Seele,

Hell und hehr der heitern Weisheit Licht;

Und die Freuden, die du hier entbehrt,

Werden einst dir tausendfach gewährt.


Knaben, die du durch das Pilgerleben

Zu der Tugend Strahlenziel geführt,

Werden zu dir dringen, dich umgeben,

Aus der Palme, die den Sieger ziert,

Einen Kranz dir winden, der dein Haupt

Ewig frisch und unverwelkt umlaubt.


Sieh! des Auferstandnen Aug' entsinket

Einst der dichte Schleier um ihn her:

Neue Erden sieht er blühen; trinket

Aus der neuen Sonne Strahlenmeer –

O! dann senkst du den gestärkten Blick,

Neuverklärter! auch auf mich zurück.


Denk' ich diesem Wonnetag entgegen,

Jünglings-Vater, Sänger, edler Mann!

O dann klopft mein Herz, mit lauten Schlägen,

Und die Zähre rinnet, wie sie rann,

Als ich stumm und bebend an dir hing

Und den letzten Abschiedskuß empfing.

Quelle:
Deutsche Nationalliteratur, Band 41, Stuttgart [o.J.], S. 337-338.
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