2.

[179] Ein Soldat, der auf Posten stand, wurde jede Nacht von einer Schaar Katzen umschwärmt und durch ihr Geschrei so in Angst und Schrecken gesetzt, daß er es nicht mehr aushalten konnte. Er klagte daher seine Noth einem alten Unterofficier. Dieser gab ihm den Rath, wenn er wieder von ihnen belästigt würde, tüchtig um sich zu hauen und wo möglich eine der Katzen zu verwunden; vor allen Dingen aber müsse er suchen ein abgehauenes Glied in seine Gewalt zu bekommen. Als nun die Katzen wieder heulend um ihn herumsprangen, hieb er tüchtig um sich, und schlug einer Katze eine Vorderpfote ab, die er sogleich beisteckte. Nachdem die Katze vergeblich versucht hatte ihm die Pfote wieder zu entreißen, entfloh sie endlich unter fürchterlichem Geheul. Der Soldat aber war nicht wenig erstaunt, als er am anderen Morgen eine Menschenhand hervorzog. Nun wurde nachgesucht, und man entdeckte ein altes Weib, dem die eine[179] Hand abgehauen war. So wurde sie als Hexe erkannt und dann bestraft.

Quelle:
Georg Schambach / Wilhelm Müller: Niedersächsische Sagen und Märchen. Göttingen 1855, S. 179-180.
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Niedersächsische Sagen und Märchen
Niedersächsische Sagen und Märchen : Aus dem Munde des Volkes gesammelt und mit Anmerkungen und Abhandlungen herausgegeben. Nachdruck 1979 d. Ausgabe Göttingen 1855.