Dreiundzwanzigster Auftritt


[492] Vorige. Wallenstein, begleitet von Illo und Buttler. Darauf Kürassiere.


WALLENSTEIN im Kommen.

Terzky!

TERZKY.

Mein Fürst?

WALLENSTEIN.

Laß unsre Regimenter

Sich fertighalten, heut noch aufzubrechen,

Denn wir verlassen Pilsen noch vor Abend.


Terzky geht ab.


Buttler –

BUTTLER.

Mein General? –

WALLENSTEIN.

Der Kommendant zu Eger

Ist Euer Freund und Landsmann. Schreibt ihm gleich

Durch einen Eilenden, er soll bereit sein,[492]

Uns morgen in die Festung einzunehmen –

Ihr folgt uns selbst mit Euerm Regiment.

BUTTLER.

Es soll geschehn, mein Feldherr.

WALLENSTEIN tritt zwischen Max und Thekla, welche sich während dieser Zeit festumschlungen gehalten.

Scheidet!

MAX.

Gott!


Kürassiere mit gezogenem Gewehr treten in den Saal und sammeln sich im Hintergrunde. Zugleich hört man unten einige mutige Passagen aus dem Pappenheimer Marsch, welche den Max zu rufen scheinen.


WALLENSTEIN zu den Kürassieren.

Hier ist er. Er ist frei. Ich halt ihn nicht mehr.


Er steht abgewendet und so, daß Max ihm nicht beikommen, noch sich dem Fräulein nähern kann.


MAX.

Du hassest mich, treibst mich im Zorn von dir.

Zerreißen soll das Band der alten Liebe,

Nicht sanft sich lösen und du willst den Riß,

Den schmerzlichen, mir schmerzlicher noch machen!

Du weißt, ich habe ohne dich zu leben

Noch nicht gelernt – in eine Wüste geh ich

Hinaus, und alles was mir wert ist, alles

Bleibt hier zurück – O wende deine Augen

Nicht von mir weg! Noch einmal zeige mir

Dein ewig teures und verehrtes Antlitz.

Verstoß mich nicht –


Er will seine Hand fassen. Wallenstein zieht sie zurück. Er wendet sich an die Gräfin.


Ist hier kein andres Auge,

Das Mitleid für mich hätte – Base Terzky –


Sie wendet sich von ihm; er kehrt sich zur Herzogin.


Ehrwürdge Mutter –

HERZOGIN.

Gehn Sie, Graf, wohin

Die Pflicht Sie ruft – So können Sie uns einst

Ein treuer Freund, ein guter Engel werden

Am Thron des Kaisers.

MAX.

Hoffnung geben Sie mir,

Sie wollen mich nicht ganz verzweifeln lassen.[493]

O täuschen Sie mich nicht mit leerem Blendwerk,

Mein Unglück ist gewiß, und Dank dem Himmel!

Der mir ein Mittel eingibt, es zu enden.


Die Kriegsmusik beginnt wieder. Der Saal füllt sich mehr und mehr mit Bewaffneten an. Er sieht Buttlern dastehn.


Ihr auch hier, Oberst Buttler – Und Ihr wollt mir

Nicht folgen? – Wohl! Bleibt Eurem neuen Herrn

Getreuer als dem alten. Kommt! Versprecht mir,

Die Hand gebt mir darauf, daß Ihr sein Leben

Beschützen, unverletzlich wollt bewahren.


Buttler verweigert seine Hand.


Des Kaisers Acht hängt über ihm, und gibt

Sein fürstlich Haupt jedwedem Mordknecht preis,

Der sich den Lohn der Bluttat will verdienen;

Jetzt tät ihm eines Freundes fromme Sorge,

Der Liebe treues Auge not – und die

Ich scheidend um ihn seh –


Zweideutige Blicke auf Illo und Buttler richtend.


ILLO.

Sucht die Verräter

In Eures Vaters, in des Gallas Lager.

Hier ist nur einer noch. Geht und befreit uns

Von seinem hassenswürdgen Anblick. Geht.


Max versucht es noch einmal, sich der Thekla zu nähern. Wallenstein verhindert es. Er steht unschlüssig, schmerzvoll; indes füllt sich der Saal immer mehr und mehr und die Hörner ertönen unten immer auffordernder und in immer kürzeren Pausen.


MAX.

Blast! Blast – O wären es die schwedschen Hörner,

Und gings von hier gerad ins Feld des Todes,

Und alle Schwerter, alle, die ich hier

Entblößt muß sehn, durchdrängen meinen Busen!

Was wollt ihr? Kommt ihr, mich von hier hinweg

Zu reißen – o treibt mich nicht zur Verzweiflung!

Tuts nicht! Ihr könntet es bereun!


Der Saal ist ganz mit Bewaffneten erfüllt.


Noch mehr – Es hängt Gewicht sich an Gewicht

Und ihre Masse zieht mich schwer hinab. –[494]

Bedenket, was ihr tut. Es ist nicht wohlgetan,

Zum Führer den Verzweifelnden zu wählen.

Ihr reißt mich weg von meinem Glück, wohlan,

Der Rachegöttin weih ich eure Seelen!

Ihr habt gewählt zum eigenen Verderben,

Wer mit mir geht, der sei bereit zu sterben!


Indem er sich nach dem Hintergrund wendet, entsteht eine rasche Bewegung unter den Kürassieren, sie umgeben und begleiten ihn in wildem Tumult. Wallenstein bleibt unbeweglich, Thekla sinkt in ihrer Mutter Arme. Dir Vorhang fällt.


Quelle:
Friedrich Schiller: Sämtliche Werke, Band 2, München 31962, S. 492-495.
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