[354] Was ist die Liebe? Les't es, zart geschrieben,
Im Laut des Worts: es ist ein innig Leben;
Und Leben ein im Leib gefeßelt Streben,
Ein sinnlich Bild von ewig geist'gen Trieben.
Der Mensch nur liebt: doch ist sein erstes Lieben
Der Lieblichkeit des Leibes hingegeben.
Will sich, als Leibes Gast, der Geist erheben,
So wird von Willkür die Begier vertrieben.
Doch unauflöslich Leib und Geist verweben
Ist das Geheimniß aller Lust und Liebe;
Leiblich und geistig wird sie Quell des Lebens.
Im Manne waltet die Gewalt des Strebens;
Des Weibes Füll' umhüllet stille Triebe:
Wo Liebe lebt und labt, ist lieb das Leben.
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Sonette
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