[361] O heil'ge Treue! sittsame Vestale,
Die auf der Seel' Altar die Flamme hütet!
Astraea, die dem Neid des Glücks gebietet,
Mit Lieb' und Gegenlieb' in gleicher Schale!
Du Flora, die im thränbethauten Thale
Des Lebens auch den Winter schön beblütet!
Doch, wenn der Tod mit harter Trennung wütet,
Du Parce mit verhängnißvollem Stahle!
Sag', wo sind deine Wunder hingeschwunden?
Sind dir zu dienen würdig nur Heroen,
Und kann die schlaffe Welt nicht mehr gesunden?
Du wirst vermißt an Mann, Weib, Niedern, Hohen,
Und mancher höhnt, nie sei'st du wahr erfunden,
Weil du aus seiner falschen Brust entflohen.
Ausgewählte Ausgaben von
Sonette
|