Erster

[201] Wie süße Unschuld kindlich sich erfreue,

Das soll der Blümchen helles Bunt bedeuten,

Die ach! so gern dein gelbes Haar umstreuten,

Und demutsvoll dir weih'n die Kindestreue.


Die Rose nur errötet hold vor Reue,

Weil sie, da ältre Knospen noch sich scheuten,

Den Kelch geöffnet schon gleich andern Bräuten,

Daß lieber Hauch den ihren sanft erneue.


Und wie sie schüchtern blüht so bunt umkränzet,

So strebt dein junger Sinn in heil'ger Demut,

Die innern Reiz' entfaltend auszuhauchen.


Drum überrascht dich oft so süße Wehmut;

Wo solches Aug' in solchen Perlen glänzet,

Wird sich ein andres bald in Wonne tauchen.


Quelle:
Friedrich von Schlegel: Dichtungen, München u.a. 1962, S. 201.
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