Abschied des sterbenden Sängers

[215] In Liebe lebend streb' und bilde Werke,

Verklär' im Farbenglanz geliebte Leiden,


Und mal' in Liedern, die kein Licht beneiden,

Des Feuers Schönheit, das dich ewig stärke.


Nun wisse, daß ich mich verschwinden merke.

Die Liebe will, ich soll vom Leben scheiden,

Der Freude Heimat mußt' ich lange meiden,

Berauschend raubt Musik die letzte Stärke.


Mein einzig Leben war, den Tod verschönen.

Der andern tiefgefühlte Not beweinen,

War sterbend Lust dem trostberaubten Herzen.


Und weint dein Geist bei den zerrißnen Tönen,

So werd' ich selber dir alsbald erscheinen

Mit leiser Stimme in den wilden Schmerzen.


Quelle:
Friedrich von Schlegel: Dichtungen, München u.a. 1962, S. 215-216.
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